AlanS hat geschrieben:Ich denke eigentlich auch, dass bei solchen klaren Spielständen früher gewechselt werden hätte sollen. Nun habe ich mich aber gefragt, was Favre dazu bewegen könnte, solche "Backup-Aufbauwechsel" nicht zu vollziehen.
Am logischsten erscheint mir dabei der Gedanke, dass er mögliche Unruhen vermeiden möchte, für den Fall, dass ein Backup bei seinem 30-min-Einsatz eine richtig überragende Leistung zeigen sollte. Dann kämen Diskussionen auf und der bisherige Backup könnte berechtigte Ansprüche auf einen Startelfplatz stellen.
Handhabt Favre seine Wechsel wie bisher, bleiben solche Diskussionen aus.
Diese Erklärung erscheint mir plausibel. Ich würde trotzdem nicht so handeln, denn ich halte die Spielpraxis und das Gefühl der Nähe zur Mannschaft für die Backups für eminent wichtig - und ich bin eh ein Freund der eher häufigen (taktisch bedingten) Spielerwechsel (so wie es Heynckes und Schaaf handhaben).
Irgendwie passt dieses Festhalten an DIE Stammelf doch auch nicht zu Favres Polyvalenz-Denken ....
Also, ich denke, dass Favre genau dorthin will, wovon Du immer sprichst: Möglichst viele Spieler vom eigenen Nachwuchs, direkt in der Stammelf und auch als Backup, dazu möglichst ausgeglichener Kader insgesamt und so Rotation ohne Qualitätsverlust, wobei nicht nur der Faktor Müdigkeit oder Trainingswochenform bestimmt wer spielt, sondern auch welcher Spieler taktisch gegen den nächsten Gegner besser passt.
Das ist natürlich absolut der Idealfall, und das angestrebte Ziel. Aber man ist noch nicht so weit. Diese Entwicklung braucht wirklich viel Zeit.
Vor allem steht dieses Jahr auch unter dem Stern, die vielen jungen Backups an die Stammelf heran zu führen. Ich glaube der Abstand ist noch da. Bei Brouwers-Stranzl oder Nordtveit-Marx natürlich nicht. DeCarmargo zu Hanke usw auch nicht wirklich. Aber danach schon. Ich glaube, dass Leckie, Otsu, Zimmermann und Rupp alle grosses Potenzial haben, aber dass sie der Mannschaft erst in der Rückrunde helfen können. Und dann kann man sie auch für taktische Zwecke verwenden. Leckie und Reus und Herrmann sind extrem schnell, z.B. als Konter gegen Bayern. Rupp ist stark im Kurzpassspiel und Otsu im 1gegen1, z.b. gegen Gegner die mehr hinten stehen und dicht machen. Zimmermann und Wendt sind die offensiveren AV, und werden bei Weiterentwicklung noch wichtiger werden, v.a. wenn sie defensiv im Training besser geworden sind.
Ich glaube wirklich, AlanS, dass Eberl und Favre genau dorthin wollen, wo Du eigentlich schon sein willst, und ich eigentlich auch. Wir sind ja alle irgendwie Fussballromantiker.
Daher hast Du natürlich recht damit, dass Favre bei den Wechseln eigentlich gegen seine Überzeugung handelt, und zu sehr auf eine Stammelf fixiert ist, aber das liegt eben auch daran, dass der Kader noch nicht so homogen ist, man arbeitet aber darauf hin.
Natürlich hast Du auch recht damit, dass bei einer grossen und kontrollierten Führung, man diesen Spieler schon mehr Einsatzzeit geben könnte. Das würde ja genau diese Entwicklung beschleunigen, v.a. mental. Aber scheinbar gibt es da eben Argumente die dagegen sprechen. Dein Argument mit der Unruhe wenn jemand überzeugt, halte ich aber für nicht sehr wahrscheinlich, bzw. nicht als Hauptgrund.
Ich denke, dass es am ehsten damit zu tun hat, dass Favre nur wechselt wenn es auch wirklich das Spiel verbessert, oder wenn jemand verletzt ist, oder müde ist und ein gleichwertiger Ersatz draussen ist. Aber nicht um einen einzelnen Spieler aufzubauen. Vielleicht ist das ein inneres Prinzip von ihm. Man muss nur mal schauen wie er selbst noch in der 90. Minuten bei 5-0 Führung draussen nocht korrigiert und manchmal sogar wütend abwinkt.
Vielleicht weiss er aus seiner Erfahrung auch, dass er das vorleben muss, dieses 100%, immer, auch bei 5-0 Führung.
Und ich denke eben, dass die Spieler genau wissen, was hinter einer Einwechslung steht. Sprich, wenn Favre einen Spieler für die letzten 30 Minuten einwechselt um ihn aufzubauen, dann kapieren die das schon auf dem Feld. Und das ist dann auch irgendwie ein Zeichen am Team nicht mehr 100% gehen zu müssen.
Aber das alles erklärt trotzdem nicht, wieso man Reus gestern nach dem 3-0, bzw. spätestens nach 60. Min nicht rausgenommen hat, sondern erst nach 85 Minuten!? Verletzung unterschätzt? Wer weiss?