Ist es wirklich nur die Mannschaft, die entgegen den Vorgaben des Trainers nach Führungen die Füße hochlegt? Ich möchte an der Stelle an dieser Stelle einmal eine Analyse in den Raum stellen, die eine etwas andere Perspektive aufzeigt Sie bezieht sich auf das Spiel gegen Mainz, aber im Grunde passte sie auch auf die Partie in Fürth:
https://borussiaexplained.de/was-ist-in ... antworten/
"…..Während die erste Halbzeit für die Fohlen positiv verlief, verlor man im Heimspiel die komplette Kontrolle in der zweiten Spielhälfte.
Spieler, wie Kone, Neuhaus und Ginter, die den Ballbesitzfokus hatten und haben, schlugen Bälle lang. Lainers langer Ball – mitten ins Zentrum – kehrte als Boomerang zurück, der sich im Tor des wirklich stark parierten Yann Sommer, wieder fand.
Das Anlaufverhalten funktionierte nicht mehr. Wieso? Sind es wirklich nur die Spieler, die plötzlich nicht mehr wissen, was sie in der ersten Halbzeit gut gemacht haben?
Die ersten zehn Minuten kosteten unheimlich viel Kraft, weil man quasi nie den Ball hatte. Mainz presste BMG zu, diese schlugen lang und der Ballbesitz schlug über. Hatten die Fohlen mal einen überraschenden zweiten Ball gewonnen, so war dieser durch die Unruhe am Ball von Neuhaus und Kone, die sofort vertikal und tief spielen wollten, weg.
Ausdauer und Physis sind allerdings im Hütter Spiel elementar. Weil? Mannorientiertes Anlaufen. Bist du nicht am Mann, dann hast du halt keinen Zugriff.
Das Borussia angeblich keine Fitness hätte, ist Nonsens.
Die Intensität während des Spiels in einem zu langen Zeitfenster, in der sich die Jungs nicht vom Ballbesitzlosenspiel befreien können, saugen der Fohlenelf die nötige Kraft.
15 Minuten ohne Ballbesitz – das überlebt keine Pressingmannschaft."
Ich sage es mal mit meinen Worten. Wir haben keinen Plan B, weil Hütter auch aus meiner Sicht für eine bestimmte Art von Fußball steht, die Spieler erfordert, die wir nicht haben. Aus dem Großteil des aktuellen Kaders wird man keine Sprinter, Dauerläufer und Zweikampfmonster machen. Wenn das aber stimmt, muss man das System flexibel an die Fähigkeiten der Spieler, über die sie zweifellos verfügen, anpassen. Tut man das nicht, sehen wir genau das, was in vielen Spielen dieser Saison zu beobachten ist. Man beraubt die Spieler ihrer Stärken und zwingt ihnen stattdessen ein System auf, das schonungslos ihre Schwächen bloßstellt. Damit beraubt man sie ihrer Motivation. Es kommt zu den internen Verwerfungen, von denen wir immer häufiger hören.
Natürlich tragen die Spieler immer den Hauptteil der Verantwortung für das, was auf dem Platz geschieht. Mein Anliegen aber ist, dass man es sich nicht zu einfach macht. Einen Großteil der Mannschaft als faule Leistungsverweigerer hinzustellen, ist mir zu simpel. Was oberflächlich betrachtet so offensichtlich zu sein scheint, kann tiefere Ursachen haben, über die wir zu wenig wissen. Kramer wagte sich öffentlich aus der Deckung und spielt seither nur noch eine Nebenrolle. Im Grunde sagte auch er das, was in der Analyse zu lesen ist. Es kommt eben nicht nur auf die Kilometer an, die man zurücklegt, sondern wie man läuft. Wenn man über einen längeren Zeitraum nicht am Ball ist, zermürbt das jedes Team. Dafür muss man jedoch den richtigen Plan haben, eine Struktur. Auch wenn es dafür sportlich gute Gründe geben kann, scheinen mir zumindest Kramers Analysen nicht verkehrt zu sein. Nach einer Führung Ballbesitz anzustreben, die dem Gegner den Nerv rauben kann, um ihn im richtigen Moment mit Kontern den Zahn zu ziehen, scheint mir ein gutes Rezept zu sein. Das erfordert jedoch die viel besungenen Automatismen, die wir nicht haben. Stattdessen versuchen wir es dann nur noch mit planlosen Befreiungsschlägen oder Einzelaktionen, die sehr schnell wieder Ballverluste zur Folge haben. Steter Tropfen höhlt den Stein. Fehler einer überlasteten Defensive häufen sich. Dann machen auch Ginter und Elvedi mehr Fehler, als wir das von ihnen erwarten.
Hütter möchte seinerseits idealerweise wieder eine schnelle Rückeroberung des Spielgeräts. Nur dafür haben wir die Spieler nicht. Das schaffen sie allenfalls temporär. Das können andere Mannschaften besser, weil sie auch so über die letzten Jahre zusammengestellt wurden. Wenn wir uns tiefer fallen lassen, gehorcht Hütter nur widerwillig der Not. Er billigt der Mannschaft etwas zu, wovon er selbst nicht überzeugt ist. Das merken die Spieler.
Ich kann von Menschen nur das verlangen, was sie können. Wir haben gute Spieler, aber nur wenige Zweikampfmonster. Ich erinnere mich, als Schubert aus Raffael einen besseren Zweikämpfer machen wollte, einen, der vorangeht. Das ging ein paar Spiele gut, und wir rieben uns verwundert die Augen. Es war aber schnell vorbei, und beim Maestro häuften sich verletzungsbedingte Ausfälle. Er steht für mich exemplarisch dafür, dass man die Stärken der Spieler fördern sollte und sehr behutsam damit sein sollte, sie umzukrempeln. Zwischen Weiterentwicklung und "Zerstörung" besteht nur ein schmaler Grat. Auch wenn es sich um hochbezahlte Profis handelt, Fußball ist immer noch ein Spiel, das den Beteiligten Freude machen muss, damit sie ihre bestmögliche Leistung abrufen können.
Was wir erleben, ist der Wunsch, ein Spielsystem zu etablieren, koste es, was es wolle. Der große Irrtum bestand darin, nach dem Abgang von Rose nur die Person des Cheftrainers auszutauschen, nicht aber das System zu hinterfragen. Es wurde einfach alles dem Wechseltheater um Rose zugeschrieben, ohne in der Analyse tiefer zu gehen.
Wenn man Hütter nicht die entsprechenden Spieler zur Verfügung stellen kann, wird er zwangsläufig scheitern und damit Borussia. Davon bin ich fest überzeugt.
Für die kommende Saison bedeutet dies, dass Borussia mit diesem Trainer nur dann (halbwegs) erfolgreich sein wird, wenn man Spieler hat, die in seinem System besser funktionieren, schnelle athletische Spieler, die fast 90 Minuten marschieren. Taktische Anpassungen während des Spiels sind seine Stärken nicht, waren dies auch nicht bei der Eintracht. Die feine Klinge wird dann weniger gefragt sein.
Ob das unter dem neuen Sportdirektor und der angespannten Finanzlage möglich sein wird, daran habe ich noch erhebliche Zweifel.