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von atreiju » 21.09.2015 21:16
Da ja auch hier fleißig über die Art des Abgangs diskutiert wird von Lucien Favre und ähnliche Vorwürfe kommen wie in seinem Thread, poste ich es hier auch einmal, weil es ja auch darum geht, warum sein Berater da war und nicht er und warum er öffentlich Fakten geschaffen hat:
Natürlich ist es ein wenig Spekulatius, aber nach allem, was ich heute gelesen habe, könnte dieses Szenario durchaus der Realität nahe kommen.
Wir alle wissen, dass Favre ein Perfektionist, Grübler, Selbstzweifler, eher pesimistisch-vorsichtig ist und gerne alles und jedes in Frage stellt.
Wir wissen inzwischen auch alle, dass es nicht das erste Mal war, dass Favre seinen Rücktritt angeboten hat, offenbar sogar nach der fantastischen letzten Saison (warum ??).
Wer Lucien Favre in den letzten Spielen genauer beobachtet hat, hat ihm persönlich angesehen, wie sehr die aktuelle Situation an ihm gezerrt hat und ihn auch selber beeinflusst hat, persönlich getroffen und zunehmend ratloser und verzweifelter gemacht hat. Ihr braucht euch nur einmal Ausschnitte oder Interviews von ihm nach den letzten Spielen anschauen und auf seine Gestik, Mimik, Körpersprache achten.
Was, wenn Lucien Favre in bestimmten Situationen unter ähnlichen Selbstzweifeln nahe an Depressionen leidet, wie das auch bei Robert Enke der Fall war ? Was, wenn er andererseits aus Verbundenheit und Loyalität und aufgrund der überragenden Rückendeckung durch Eberl und die anderen Verantwortlichen der Borussia gespürt hat, dass er auch dieses Mal nicht die Kraft haben würde, sich der Bitte dieser, weiterzumachen, zu widersetzen, andererseits aber auch gespürt hat, dass er diesmal sich selbst und seine Dämonen nicht wieder besiegen kann und nicht die Kraft hat, das Schiff auf Kurs zu bringen, ohne vielleicht seine Gesundheit zu gefährden? Was, wenn er genau aus diesem Grund nicht das persönliche Gespräch gesucht hat, sondern seine Berater geschickt hat und Fakten über die Öffentlichkeit gesucht hat, um eben nicht in Gefahr zu geraten, wieder sich überzeugen zu lassen ?
Was, wenn dieser Mensch einfach an seine körperlichen, geistigen und psychischen Grenzen gestoßen ist und so gehandelt hat, um sich selbt zu schützen, aber auch um den Verein zu schützen, weil er wusste, ich kann ihm jetzt nicht mehr helfen, weil meine Kräfte, Ideen, Energie nicht reicht ?
Weiß irgend einer von euch Usern hier, wie es im Menschen Lucien Favre ausgesehen hat in dieser Situation? Wollt ihr euch wirklich anmaßen zu ermessen und zu beurteilen, welcher Druck, welche psychischen Ängste unseren Trainer befallen haben ? Kann sich einer hier vorstellen, wie schwer es für Menschen ist, die mit solchen Problemen und Dämonen zu kämpfen haben, sich anderen zu öffnen und darüber offen zu reden.
Je länger ich darüber nachdenke und mir das Verhaltensmuster von Lucien Favre angesichts des jetzt Bekannten anschaue und darüber nachdenke, umso realistischer erscheint es mir, dass unser Trainer hier einfach für sich und uns die Notbremse gezogen hat, um sich und den Verein vor Schlimmeren zu schützen.
Niemand von uns weiß es wirklich, aber denkt einfach einmal kurz darüber nach und denkt an Menschen, bei denen diese Notbremse nicht gezogen wurde und von denen es vorher auch keiner dachte.
Ich für meinen Teil verweigere mich absolut, Lucien Favre, auch nur im Ansatz Stillosigkeit, Feigheit, Verantwortungslosigkeit oder etwas ähnliches vorzuwerfen, all dies passt überhaupt nicht zu der Art, wie ich diesen Menschen erlebt habe. Und solange niemand weiß, was im Menschen Lucien Favre aktuell passiert, verbietet mir der Respekt vor ihm und seiner Leistung für unseren Verein, zu glauben, dass er uns auch nur im Ansatz schaden wollte.
Viele hier haben offenbar keine Ahnung, was Druck und Selbstzweifel selbst bei starken Persönlichkeiten auslösen kann oder haben das selber noch nie erlebt. Wer einmal einen Menschen erlebt hat, der ohne Vorwarnung unter "Burnout"/Depression zusammen gebrochen ist, der kann meine Gedanken vielleicht nachvollziehen.