Es ist schon manchmal erstaunlich, was sich hier durch ein (!) Spiel zu ändern scheint. Um zu betonen, wie erstaunlich dies für mich ist, erlaube ich mir einmal folgendes Gedankenspiel zu vollziehen:
Stellen wir uns einfach einmal vor, Borussia hätte aus den ersten 11 Spielen 6 Siege, 4 Unentschieden und nur eine Niederlage (auswärts in Lev) eingefahren und dabei die meisten Tore der Liga geschossen und liegt auf Platz eins der Tabelle. Am 12. Spieltag verliert die Mannschaft dann nach einem Leistungseinbruch in der zweiten Halbzeit das Derby 0:4 beim ehemaligen Tabellenzweiten in Böcketown, der sich in HZ 2 enorm steigerte, und rutscht auf Platz zwei hinter die Domstädter. Unser Trainer im Gedankenspiel ist ein erfahrener Coach , der überall spätestens im zweiten Jahr seiner Tätigkeit bei einem Club einen CL-Platz erreicht hat. Er stellt streng nach Leistung auf, überzeugt mit taktischer Flexibilität und einer Mannschaft, die fast durchgängig Dominanz ausstrahlt. Seine Führungsspieler sind die Leistungsträger des Teams. Das moderate Saisonziel, ein Platz im gesicherten Mittelfeld der Tabelle, ist quasi längst geschafft.
Frage: Was würde passieren, wenn auch nur ein User es wagen würde, diese Niederlage als Wende zum Negativen einzuordnen, Kritik am Trainer zu üben und auf einen baldigen Absturz aus der Bundesliga-Spitze zu verweisen ? Mein Tipp: Er würde wahrscheinlich von (fast) allen Usern hier ziemlich scharf angegriffen werden, und dies ist noch vorsichtig formuliert !
Nun haben wir bekanntlich genau die gegenteilige Situation: Wir standen am 11. Spieltag am Tabellenende, nur 1 Sieg (ausw. Lev), 4 Unentschieden und 6 Niederlagen waren die niederschmetternde Bilanz. Dazu haben wir die meisten Gegentore der Liga kassiert. Aufgrund einer Leistungssteigerung der Borussia in der 2. HZ bei gleichzeitigem Einbruch des Gegners nach dem ersten Tor gewinnen wir das Derby bei den Böcken 4:0 und schaffen so am 12. Spieltag (erst) den zweiten Sieg. Unser Trainer ist noch recht jung und auf seinen vorherigen Stationen spätestens im zweiten Jahr entweder wegen Erfolglosigkeit entlassen worden oder abgestiegen. Er lässt meiner Meinung nach einen monotonen taktischen Einheitsbrei spielen, der selten funktioniert, hält viel zu lange an formschwachen Spielern fest, und ein Leistungsprinzip ist in seinen Aufstellungen (Daems !!! Brouwers !!!) nur bedingt zu erkennen. Unsere Führungsspieler haben i.d.R. mehr mit sich selbst und ihrer eigenen Leistung zu kämpfen, als dass sie andere anleiten und mitreißen können. Das Saisonziel, ein Platz im Bereich 10-12, ist sehr weit weg, möglicherweise schon unerreichbar geworden.
Frage: Wie kann es bitte sein, dass hier (teilw. plötzlich) wieder sehr viele User in MF den Heilsbringer unserer Borussia sehen und ihm sehr wohlwollend zutrauen, mit der Mannschaft aus den Abstiegssorgen heraus zu kommen ?
Für mich hat MF ein Saisonziel (nicht in den Abstiegskampf zu geraten) schon verpasst, ein zweites Saisonziel (Verbesserung zur Vorsaison) ist - vorsichtig formuliert - schon in recht weite Ferne gerückt.
Noch absurder ist für mich aber der Gedanke, dass ein Trainer, der das Seinige an Missleistungen (die hier im thread schon x-mal genannt wurden und ich mir hier spare alle nochmal aufzulisten) dazu beigetragen hat, dass Borussia überhaupt erst in den Abtiegskampf geraten konnte, evtl. irgendwann dafür gelobt wird, dass er diesen dann vielleicht sogar unter optimalen Bedingungen und mit dem notwendigen Glück erfolgreich besteht. Dies entspricht in meiner Wahrnehmung einer Logik, als ob man einem Arzt dafür danken würde, dass er einem ein Bein, welches er vorher gebrochen hat, kurativ wieder schient.
RPott hat geschrieben:In XXX Tabellensituation schlagen wir den Erzrivalen auswärts unter widrigsten Bedingungen 4:0, nachdem wir letzte Woche den Bayern nach Rückstand noch ein 3:3 abgerungen haben. Warum sollte das auch ein Grund sein, das "Trainer-Raus"-Geschrei wenigstens kurzzeitig zu stoppen, geschweige denn einzustellen ?
Dies beantworte ich dir gerne, auch wenn die Frage nicht direkt an mich ging:
1. Weil sich durch den Derbysieg - nicht zu letzt bedingt durch den Fakt, dass zwei Teams absteigen und eines in die Relegation muss - an der Gesamtsituation Borussias nichts nachhaltig Bedeutendes geändert hat. Es gab auch für dieses Spiel nur drei Punkte, und wohl niemand hat damit gerechnet, dass Gladbach für den Rest der Saison nie wieder ein Spiel gewinnt, wenn MF Trainer bleibt.
2. Weil beide (!) Teams unter vergleichbar widrigen Bedingungen auf dem Platz standen, sich in der HZ 1 recht ebenbürtig waren, und erst der Führungstreffer uns Sicherheit und den Böcken den Rest gab. Hätte Jajalo auch nur die Qualitäten eines ordentlichen Zweitligaspielers, wären wir nach dem Brouwers-Doppelfehler ca. in der 12. Minute in Rückstand geraten, und keiner weiß, wie dann das Spiel gelaufen wäre. Aber jeder müsste eigentlich gesehen haben, das dies die beste Chance der ersten Halbzeit war.
3. Weil deine Interpretation (!) - und nicht mehr ist es - des Spiels gegen die Bayern aus meiner Sicht unzutreffend ist. Wir haben nicht den Bayern ein 3:3 "abgerungen", sondern zweimal eine vielversprechende Führung verspielt und wurden dabei in toto über 70 Minuten von einer Bavaria-Mannschaft, die selten in den letzten 20 Jahren so schlecht (zu diesem Zeitpunkt) in der Bundesliga stand, quasi an die Wand gespielt.
Übrigens hat gerade auch das Derby gezeigt, wie wichtig Boba für uns auswärts ist. In allen Auswärtsspielen, in denen er in unserer Startformation stand, hat er das erste Tor erzielt (Hoppenhausen, Böcketown) oder herausgeholt (Elfer auf Schalke). Wie wichtig dieser Spieler bei dem Schlüsselspiel in Lautern für uns hätte sein können, müsste eigentlich spätestens jetzt jedem klar sein. Und wer hat wegen einer Lapalie auf ihn dort freiwillig verzichtet - richtig, MF !
Fazit: Bin ich nun plötzlich innerhalb einer Woche von seiner Arbeit überzeugt ? Nein ! Bleibe ich ihm gegenüber kritisch ? Ja ! Wünsche ich mir einen besseren Trainer ? Ja !