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von 3Dcad » 21.04.2009 18:25
RESERVISTEN DES VfB
Ein Kader voller Stammspieler
Stuttgart - Konsequent versucht Markus Babbel, auch die VfB-Spieler in der zweiten Reihe bei Laune zu halten und freut sich über deren Reaktion. "Es ist gut zu wissen, dass wir Einwechselspieler haben, die sofort Akzente setzen können", sagt der Teamchef.
Von Marko Schumacher
Wie immer saß Christoph Daum am Samstagnachmittag ganz rechts auf seiner Kölner Trainerbank, neben sich die Reservisten. Daniel Brosinski, Taner Yalcin und Adil Chihi hießen die mäßig bekannten Fußballer, die vergeblich auf eine Einwechslung gewartet haben. Und der kleine Wilfried Sanou, den Daum irgendwann ins Spiel brachte, konnte die 0:3-Niederlage gegen den VfB Stuttgart nicht verhindern. Also schaute der Kölner Trainer nicht ohne Neid hinüber auf die Stuttgarter Bank, wo Nationalspieler aus Mexiko und den Niederlanden Platz genommen hatten. "Gebt mir vier Leute von dieser Ersatzbank", sagte Daum hinterher, "und uns geht es schon viel besser." So aber bleibt der FC in latenter Abstiegsgefahr, während der VfB Stuttgart immer weiter nach oben pirscht.
Babbel will alle bei Laune halten
Natürlich ist die prominent besetzte Ersatzbank nicht der Hauptgrund für den Stuttgarter Aufschwung - einen gewissen Anteil hat sie aber schon. In Köln war es Sami Khedira, der nach seiner Einwechslung für den zuvor etwas leichtsinnigen Timo Gebhart in der zweiten Hälfte für mehr Stabilität im Mittelfeld sorgte. In den Spielen zuvor waren es Jan Simak und Elson, die entscheidende Beiträge zu den späten Siegen leisteten: Simak gab gegen den HSV die Flanke, die zum 1:0 durch Mario Gomez führte; Elson leitete in der Woche zuvor mit einem schnellen Eckball Serdar Tascis 2:1-Siegtor in Bochum ein. "Es ist gut zu wissen, dass wir Einwechselspieler haben, die sofort funktionieren und Akzente setzen können", sagt der VfB-Teamchef Markus Babbel.
Es gehört nicht nur in der Bundesliga zum Trainer-Abc, möglichst immer den gesamten Kader bei Laune zu halten. Markus Babbel gibt sich dabei seit seinem Amtsantritt besonders große Mühe. Er wisse zwar, "dass man nicht so tun sollte, als behandle man alle Spieler gleich, denn das ist nicht möglich", Babbel sagt aber auch: "Ich habe nicht elf, sondern 20 oder 22 Stammspieler." Mit erstaunlicher Konsequenz belohnt er Leistung und nimmt bei der Aufstellung wenig Rücksicht auf Namen. "Niemand darf sich zu sicher sein, dass er spielt", sagt Sami Khedira.
Babbels Ziel ist, dass in jedem Training die Spannung hoch bleibt. "Gerade die Spieler, die ein bisschen hinten dran sind und auf ihre Chance lauern, sind wichtig, weil sie das Niveau im Training hochhalten", sagt der Teamchef, der niemandem das Gefühl geben will, überflüssig zu sein. Nach Köln nahm er 20 Mann mit und strich erst vor Ort "schweren Herzens" Julian Schieber und Arthur Boka aus dem Kader. Beim Feiern in der Kabine waren sie wieder mittendrin. Ein anderes Beispiel dafür, wie schnell es gehen kann, ist Martin Lanig. Für den Mittelfeldspieler war vor einem Monat gegen Hertha (2:0) nicht einmal auf der Reservebank Platz - seitdem spielte er dreimal über 90 Minuten.
Nur Boulahrouz schmipfte öffentlich
Wie stabil ein Gebilde tatsächlich ist, zeigt sich im Mannschaftssport meist erst dann, wenn die Erfolge ausbleiben und die Unzufriedenen nicht länger klein beigeben wollen. Bisher ist das nicht in nennenswertem Umfang passiert. Nur einmal hat sich Khalid Boulahrouz öffentlich über seine Reservistenrolle beklagt ("Ich bin stinksauer"). Seit einem klärenden Gespräch mit Babbel aber hält er still, will nicht der Miesepeter sein und reagiert genau so, wie es sich der Verein vorstellt. Der niederländische Innenverteidiger macht nach dem Training Sonderschichten und feuert bei den Spielen die Kollegen von der Ersatzbank aus an. Ansonsten kann man davon ausgehen, dass sich Boulahrouz seinen Teil denkt und sich verstärkt mit einem Vereinswechsel beschäftigt.
Auch Ricardo Osorio, 46-maliger mexikanischer Nationalspieler, dürfte sich seine Gedanken machen - doch ordnet auch er seine Interessen dem Gemeinwohl unter. Bis jetzt nimmt es der 29-Jährige klaglos hin, dass der acht Jahre jüngere Frischling Christian Träsch an ihm vorbeigezogen ist. Offenbar hat Osorio sogar einen wichtigen Anteil daran, dass sein Konkurrent zuletzt einen entscheidenden Schritt nach vorne gemacht hat und seit Wochen sehr überzeugende Leistungen auf Osorios angestammter rechter Abwehrseite zeigt. "Mit seiner großen Erfahrung hilft mir der Oso sehr", berichtet Träsch: "Nach dem Training kommt er oft zu mir kommt, um mir Tipps zu geben. Da höre ich gerne zu - er ist schließlich ein super Verteidiger."
quelle: STZ