Standard Neue Ultràgruppe in Köln: Coloniacs
15.01.2010 - 1. FC Köln
„Ultrà heißt unter anderem eben auch gemeinsam zu kämpfen“
In der Kölner Südkurve hat sich in letzter Zeit einiges getan. Mit den Coloniacs enstand sogar eine neue Ultràgruppe. Stadionwelt sprach mit der Gruppe über ihre Ziele und auch das Fanzine „Kallendresser“, der zu Diskussionen anregen soll.
Stadionwelt: Seit wann gibt es die Coloniacs und wie kam es zur Gründung der Gruppe?
Coloniacs: Offiziell wurden die Coloniacs nach dem letzten Heimspiel gegen Bayer 04 Leverkusen im September 2009 gegründet. Viele von uns waren vorher aktiv in der Wilden Horde 1996 integriert, aber nach einer Richtungsänderung im Sommer 2009 konnten sich unsere Mitglieder nicht länger mit dem neu eingeschlagenen Kurs der Wilden Horde 1996 identifizieren, weshalb sie zunächst die Sektion Müngersdorf innerhalb der WH gründeten und mit ihr relativ autonom agierten. So wurde unter anderem die erste Ausgabe des „Kallendresser“ von uns als Sektionsorgan erstellt.
Stadionwelt: Gab es weitere Unstimmigkeiten zwischen beiden Gruppen oder weshalb trennten sich die Wege der Coloniacs und der Wilden Horde 1996 endgültig?
Coloniacs: Ja, es gab einen Bruch, aber unser Standort in S3 ist immer noch nahe den beiden Capi in der Südkurve. Die Coloniacs und die Wilde Horde pflegen ein neutrales bis freundschaftliches Verhältnis und versuchen konstruktiv für Verein, Stadt und Kurve zusammenzuarbeiten. Im Endeffekt war es wohl für alle Beteiligten der schwerste, aber aufrichtigste Schritt, sich zu trennen und fortan jeweils einen gradlinigeren Weg zu verfolgen.
Stadionwelt: Vor dem Heimspiel gegen den 1. FC Nürnberg gab es eine große Protestaktion von Euch gegen die über Fans beider Vereine verhängten Aufenthaltsverbote. Dies war zugleich die erste Aktion, bei der man die Coloniacs auch außerhalb der Südkurve wahrnahm. Sind diesbezüglich weitere Aktionen in der nahen Zukunft geplant?
Coloniacs: Zuallererst müssen wir sagen, dass die Aktion nicht stattfand, um auf uns aufmerksam zu machen. Die Aktion galt allen Stadionverbotlern und anderen Verbannten, die jedes Wochenende andere Repressalien über sich ergehen lassen müssen. Darauf wollten wir die öffentliche Aufmerksamkeit lenken und einen generellen Diskurs über diese neue Polizeitaktik lostreten. Dies war auch der Grund, weshalb mehrere Medien über unsere Aktion berichteten. Die Coloniacs standen bei der Aktion eher im Hintergrund. Es waren ja auch noch andere Gruppen beteiligt, was generell über den Dachverband koordiniert wurde. Wir stehen dabei für kreativen und spontanen Protest. Denn aus unserer Sicht ist der Kampf gegen die zunehmenden Repressalien anders auf Dauer nicht zu gewinnen. Neben dem ständigen Aufhängen bestimmter Fahnen müssen eben auch mal wieder ausgefallene Protestaktionen her, über die dann diskutiert wird.
Stadionwelt: In der deutschen Ultràszene ist der Name Coloniacs allerdings ein etwas ungewöhnlicher. Wie seid Ihr auf den Namen gekommen und wofür steht er?
Coloniacs: Um den Namen gab es intern viel Rabatz. Wir haben hin und her überlegt und dann die Worte Colonia und Maniacs verbunden. Wofür das steht brauchen wir wohl nicht näher zu erläutern.
Stadionwelt: In absehbarer Zukunft gibt es wieder etwas von Euch zu betrachten. Die zweite Ausgabe des „Kallendresser“ steht an – was erwartet den Leser?
Coloniacs: Mit dem „Kallendresser“ verfolgen wir nicht ganz die klassische Fanzine-Schiene mit Spiel- und Fahrtberichten. Stattdessen wollen wir uns mehr über grundlegende Dinge rund um Fußball-, Fan- und Ultrakultur Gedanken machen und damit den Kölner Fanzine-Markt um eine weitere Facette ergänzen. Man hat uns nach der ersten Ausgabe schon den Spitznamen des „Intellektuellen-Fanzines“ angehängt, weil unsere Texte halt auch schon mal ein wenig länger sind und das Design vom typischen Ultra-Fanzine relativ stark abweicht. Über den Fußball stellen wir auch den Bezug zu anderen Subkulturen her, etwa die Graffitiszene, deren Style ja immer öfter in den Kurven zu finden ist. Auch die Stadt steht natürlich im Fokus, indem wir etwa über kölsche Köpfe wie den Radsportler Albert Richter berichten oder über soziale Projekte. Doch auch vereinsübergreifende Themen wie Gewalt beim Fußball oder die Kritik am Hoffenheim-Mäzen Dietmar Hopp kommen nicht zu kurz. Wie man hier schon merkt, wollen wir mit dem „Kallendresser“ vor allem Diskussionen anregen und die Leser zum Nachdenken bringen. Dafür steht auch der Name: Der Kallendresser ist eine Figur am Alter Markt in Köln, der den Obrigkeiten im Rathaus gegenüber das blanke Hinterteil zeigt, weshalb der Name auch nahezu perfekt für unser Heft passt.
Der „Kallendresser“ ist das neue Organ der Coloniacs
Stadionwelt: Wie werden die Diskussionen aussehen? Ist etwa ein Forum oder Ähnliches diesbezüglich geplant?
Coloniacs: Das müssen wir definitiv verneinen. Ein Internetforum, in dem sich alle möglichen anonymen Schreiberlinge und selbsternannten Experten austoben können, wollen wir auf keinen Fall. Wir setzen auf die altmodische Art der Leserbriefe, die uns gerne via E-Mail zugesandt werden dürfen. Auf diesem Weg wissen wir dann auch, von wem es kommt und wer oder was hinter den jeweiligen Gedanken steckt.
Stadionwelt: Dies klingt so, als gäbe es im „Kallendresser“ auch Gastautoren und Beiträge von außenstehenden Personen.
Coloniacs: Fürwahr, bei uns kommen auch andere Leute zu Wort. Die zweite Ausgabe wird ebenfalls wieder um die 200 Seiten stark sein, und darin sind neben einigen Leserbriefen auch Beiträge von anderen Gruppen oder einzelnen Personen zu einem bestimmten Thema zu finden. Ultrà heißt unter anderem eben auch gemeinsam zu kämpfen, weshalb es wichtig ist, sich untereinander auszutauschen. In der aktuellen Ausgabe kommen so beispielsweise die Chosen Few, der FC-Fanclub Sektion Westpolen und andere zu Wort. Wir wollen mit dem „Kallendresser“ ein breites Leserspektrum erreichen und auch andere Sichtweisen abbilden.
Oh Nein !! Maniacs... und sie sind auch noch stolz darauf.
Als wenn wir nicht Probleme genug hätten. platsch
