3Dcad hat geschrieben:Eberl hat ja gesagt er wird viel Post bekommen. Dann hau mal rein.

Ja, hat er. Und ich habe mich tatsächlich entschieden, ihm diesen Brief zu schicken, weil mich seine Ausführungen im Doppelpass und seine Unterscheidung in Fans erster und zweiter Klasse dann doch geärgert haben. Mir geht es nicht um seine ausdrucksweise und auch nicht darum, dass ihn die Pfiffe stören, sondern eben auch um den Rest, auf den du 3Dcad ja auch schon hingewiesen hast:
VORSICHT!!! Sehr langer Text.....!!!
Sehr geehrter Herr Eberl,
der Grund, warum ich Ihnen heute diesen persönlichen Brief schreibe, ist nicht, weil ich kein Verständnis für Ihren emotionalen Ausbruch, Ihre Ausdrucksweise und Ihre Kritik an den Pfiffen während des Spiels gegen den HSV habe, sondern mein persönliches Gefühl, dass Sie am Wochenende für mich persönlich nicht nur ein paar „Eventies“ angegriffen haben, sondern sehr viele langjährige, treue, dem Verein über sehr viele Jahre verbundene Fans, die nicht nur die schönen Zeiten der 70-er-Jahre, sondern auch viele grausame Zeiten mitgemacht und den Verein immer unterstützt haben.
Zudem glaube ich, dass Sie einer Fehleinschätzung aufsitzen, was viele Fans diese Saison bewegt, woher der „Unmut“, den Sie angesprochen haben kommt, warum viele Fans aktuell innerlich unruhig sind und nicht zufrieden mit der Entwicklung der Mannschaft und des Vereins.
Ich möchte zudem meinen folgenden Worten unbedingt voraus schicken, dass ich Sie, Ihre Arbeit und die Arbeit Ihrer Mitarbeiter sehr schätze und absolut mit Ihrer Strategie und Philosophie einverstanden bin. Die aktuelle insgesamt sehr schöne und erfolgreiche Phase der Borussia ist in großen Teilen auch Ihnen zu verdanken und glauben Sie mir, als über 50-jähriger, der seit nunmehr 46 Jahren Fan der Borussia ist, weiß ich genau, wo die Borussia her kommt, welche Wellentäler wir gemeinsam durchschritten haben, welche finanziellen Situationen der Verein gemeistert hat und wie schwer kalkulierbar das Fußballgeschäft ist.
Wir stehen nach dem 17. Spieltag auf Platz 6 der Bundesligatabelle, zwei Punkte hinter Platz 2 und haben 28 Punkte geholt, rein von den Punkten her eine der besten Halbserien der letzten Jahre. Wir haben aber auch ein negatives Torverhältnis, liegen gerade einmal 4 Punkte vor Platz 10 (alle mit besserem Torverhältnis) und haben die drittmeisten Gegentore der Liga kassiert. Das sind alles Daten und Fakten, über die man, je nach Blickwinkel wenig oder viel diskutieren kann. Und wie sind zum Zeitpunkt, als ich diese Zeilen schreibe, noch im DFB-Pokal dabei und haben die Chance, am Mittwoch ins Viertelfinale einzuziehen. Alles in allem eine Bilanz, die völlig in Ordnung ist und viele, wenn nicht fast alle, Fans blind unterschrieben hätten zu Beginn der Saison.
Doch – und jetzt komme ich allmählich zu meinem persönlichen Eindruck, warum Sie möglicherweise einer Fehleinschätzung der Gemütslage der Fans unterliegen – neben diesen Zahlen und Fakten gibt es eben einen anderen Blickwinkel, einen emotionaleren, wie Fans diese Hinrunde gesehen haben und ich gehe sogar weiter, wie diese Fans die Entwicklung dieser Mannschaft in den letzten 9 Monaten empfunden haben. Bevor ich hierzu ins Detail gehe und auf einzelne Spiele und Entwicklungen, die nicht nur ich, sondern viele Fans beobachtet haben, erst etwas Generelles: Was macht für mich und viele, viele andere Fans meiner und auch folgender Generationen die Faszination Borussia aus?
Es ist eben nicht der reine Erfolg, nicht eine Spielweise, die auf maximalen Erfolg ausgerichtet ist, es geht nicht um das Gewinnen und das möglichst immer, nicht ums Titelhamstern, wer das sucht, der ist wirklich beim FC Bayern oder aktuell auch bald bei RB Leipzig besser aufgehoben. Borussia ist Kult, weil sie immer für eine Philosophie, die der Fohlen, für eine attraktive Spielweise, Konter (heute Umschaltspiel), für den Auf- und Einbau junger Talente und für Spielfreude und Vorwärtsdrang stand. Borussia ist für mich Leidenschaft, Spaß, Unterhaltung, Einsatz, Technik, Kreativität, Spielwitz und ja, Borussia steht für mich eben auch dafür, dass wir aus weniger mehr machen können und damit erfolgreich sind. Wir haben keine unbegrenzten finanziellen Mittel, wir müssen manchmal schneller, früher, hartnäckiger an jungen Spielern dran sein als andere, ja, wir sind ein Ausbildungsverein in gewisser Art und Weise und wir werden immer damit leben müssen, dass wir die besten Spieler an andere Vereine verlieren werden. Glauben Sie mir 98% der Fans der Borussia, auch derer, die am Freitag im Stadion waren, stehen voll hinter Ihrer Philosophie und tragen diese absolut mit. Und ich bin mir sicher, mehr als 90% wissen, dass wir Fans von Borussia nicht konstant Traumfußball erwarten können oder permanente Offensive, dass es immer mal Rückschläge geben wird, auch das tragen wir gerne mit. Und ich bin mir absolut sicher, dass Ihre erste Fehleinschätzung von Freitag die ist, dass diese Pfiffe auch nur im Ansatz etwas mit den beiden 18-jährigen Spielern zu tun hatte, die übrigens meines Erachtens am Freitag beide gezeigt haben, dass Sie da zwei Juwele verpflichtet haben, um die uns noch mancher Verein beneiden wird. Es war eher Zufall, dass die Pfiffe just bei diesem Rückpass in dieser Form auftraten, weil es einfach ein Zeitpunkt war, bei dem viele Fans den Eindruck bekamen, dass sich Geschichte dieser Saison wiederholt und die Passivität Überhand gewinnt und die Mannschaft wieder ein Spiel aus der Hand gibt und eventuell noch verliert deshalb. Doch dazu später noch mehr.
Ich war am Freitag Abend nicht im Stadion, ich habe keine Dauerkarte, ich wohne – wie übrigens sehr viele Borussia-Fans meiner Generation – 300 Kilometer vom Park entfernt, bin lange Jahre Mitglied dieses Vereins noch zu Zeiten, als es dem Verein nicht gut ging, bin Fanstein-Besitzer und ich leide und freue mich jede Woche mit diesem Verein, der mein Herz gewonnen hat. Ich habe noch nie während eines Spiels meine Borussia ausgepfiffen und ich werde es wohl nie tun, weil ich der festen Überzeugung bin, dass dies niemandem hilft, erst recht nicht den Spielern auf dem Platz. Und doch, Herr Eberl, kann ich die Fans verstehen, die am Freitag begonnen haben zu pfeifen.
Bin ich ein „Eventie“, weil ich nicht jedes Wochenende da bin? Was unterscheidet die treuen Fans in der Nordkurve von den genauso treuen Fans wie mich, die in der Ost- oder Süd sitzen, vielleicht, weil sie wie ich inzwischen, ihre Kinder in der Regel dabei haben oder weil sie bewusst inzwischen nicht mehr stehen wollen. Im Übrigen, wie mir viele, die am Freitag vor Ort im Stadion waren, kamen viele Pfiffe zu diesem Zeitpunkt auch aus der Nordkurve. Sind wir schlechtere Fans, sind wir Eventies, weil wir uns es weder zeitlich noch finanziell leisten können und wollen, jedes zweite Wochenende 10-12 Stunden und 150-200 € zu opfern, um unsere Fußballliebe live erleben zu können?
Und ja, diese Summe und diese Zeit kostet mich in der Regel ein Heimspiel der Borussia. Ich mache das gerne so 7-8-mal pro Saison und bin auch bei 3-4 Auswärtsspielen pro Saison vor Ort, weil mein Herz eben an Borussia hängt. Und auch das meines Sohnes., trotz einer Mutter, die absoluter Bayernfan ist, auch weil ich ihm verständlich machen konnte, dass Borussia anders ist und war und Gewinnen nicht alles ist. Aber als beruflich sehr eingespannter, selbständiger Familienvater gibt es eben noch andere wichtige Prioritäten. Sie haben am Freitag Abend explizit die Nordkurve ausgenommen, Fans wie mich ausdrücklich nicht, sie haben die Ultras verteidigt, genau die Gruppe, die in der letzten Saison in der entscheidenden Phase die Unterstützung der Mannschaft wegen einer zerstörten Choreo entzogen hat und ihr damit aus meiner Sicht massiver geschadet hat als die Pfiffe am Freitag. Was ist mit den Logenbesitzern, sind das echte Fans, singen die mit, feuern die immer an, wie unterstützen die das Team, außer dass sie viel mehr bezahlen als wir? Im Stadion höre ich, der immer die Mannschaft auch lautstark von meinem Platz unterstützt, von dort fast nichts.
Herr Eberl, ich kenne viele Fans, die ähnlich lange wie ich Fan der Borussia sind, die in Fanclubs organisiert sind, die viel Zeit und Geld für Borussia opfern, die Ihre Worte vom Freitag Abend und auch vom Sonntag im Doppelpass ähnlich empfinden wie ich, nämlich als Unterscheidung in gute und schlechte Fans, wobei die Nordkurve die „Guten“ sind und wir anderen nur geduldet sind. Und das ist der Grund, warum ich Ihnen diesen Brief schreibe, das und weil ich das Gefühl habe, dass Sie aktuell überhaupt nicht verstehen, warum viele Fans aktuell trotz Platz 26 und 28 Punkten unzufrieden mit der Entwicklung des Vereins, der Spielweise und der Mannschaft sind.
Sie sprachen davon, dass wir am Freitag ein hervorragendes Heimspiel gezeigt haben, ganz ehrlich, das haben wohl 80% der Fans anders gesehen, wir haben 15 ganz hervorragende Minuten unserer Mannschaft gesehen, danach hat die Mannschaft wieder – wie über die fast gesamte Saison – den Fehler gemacht, sich zu weit zurück zu ziehen, nicht entscheidend auf einen Ausbau der Führung zu drängen, zu passiv zu werden, die Zweikämpfe nicht mehr so anzugehen wie vorher, das Pressing einzustellen und den Gegner aufzubauen. Und prompt kassieren wir den Ausgleich und nutzen unsere Chancen nicht. Ja, all das kann passieren, leider ist es bei dieser Mannschaft inzwischen keine Ausnahme mehr, sondern die Regel geworden. Und leider ist es seit 9 Monaten so, dass es uns nicht gelingt, Konstanz und Überzeugung in unsere Leistungen zu bringen. Das Spiel gegen den HSV war für viele Fans wieder mal ein Spielfilm, der an „und täglich grüßt das Murmeltier“ erinnert.
Und genau DAS war die Ursache für die Pfiffe, nicht der Rückpass eines 18-jährigen, sondern die immer wiederkehrende Passivität, die Frage der Einstellung, das Erstarkenlassen des Gegners, die fehlende Willenskraft, sich gegen kämpfende und beißende Gegner anders als spielerisch zu wehren. Dazu eben die Entwicklung der Spiele zuvor, das Auftreten in Wolfsburg, als die Spieler hinterher zugaben, dass sie wohl nach dem Erfolg gegen die Bayern (ein absolutes Highlight!!) dachten, alles geht auch mit 90%, das Spiel gegen Schalke, das lange sehr gut war, bei dem aber auch nach dem Ausgleich die Mannschaft wie leicht gelähmt wirkte, und eben der grausame Auftritt gegen Freiburg, nach dem alle Spieler sagten, die Einstellung habe nicht gestimmt und man habe etwas gut zu machen. Und dann zeigt man diese Reaktion, alle sind begeistert und hört unmittelbar nach dem 1:0 auf, die Aggressivität und Leidenschaft zu Beginn weiter auf den Platz zu bringen. Keiner hat erwartet, dass das Team dies 90 Minuten machen kann, aber ein Nachsetzen bis zum 2:0 und dann mehr Souveränität statt Passivität, das haben die Fans schon nach den markigen Worten erwartet. Und auch unser Kapitän Lars Stindl sprach dies danach ja an, dass wir wieder zu passiv geworden sind. Und nach dem Ausgleich wurde es eben zunächst eher schlimmer als dass gefühlsmäßig ein Ruck durch das Team ging. Ich persönlich hatte vor dem TV das Gefühl, dass die Mannschaft schon unbedingt dieses Spiel gewinnen wollte, dass der Wille, die Einstellung stimmte, das sah ich an einigen Gesichtsausdrücken und Reaktionen der Spieler. Wie mir aber etliche Stadionbesucher bestätigten, wirkte es dort eben ganz anders.
Sie sprachen zudem die Erwartungshaltung an, die zu hoch wäre. Nein, Herr Eberl, nicht alle, aber auch hier dürften 80-90% der Borussia-Fans eine sehr gesunde Erwartungshaltung und Einstellung haben und beileibe eben nicht nur die Nordkurve. Natürlich träumen viele davon, dass wir noch einmal uns für die CL qualifizieren, aber wir wissen sehr wohl, dass wir dafür eine sehr gute Saison von uns, aber auch eine schwächere von anderen Vereinen brauchen. Nur, Herr Eberl, Sie haben selber auch klar angesprochen, dass wir als Borussia da sein wollen, wenn die anderen schwächeln. Und genau das machen diese Halbserie einige, angefangen von Leverkusen zu Beginn, bis wir dafür sorgten, dass sie einen Lauf bekamen. Über RB Leipzig, die deutlich weniger Punkte holen als letzte Saison, der BVB mit einer Riesen-Negativserie und was machen wir? Wir zeigen sehr gute Leistungen wie in Hoffenheim, gegen die Bayern, in Leipzig, bei Hertha, aber mit zwei, drei Ausnahmen nie über 90 Minuten. Wir fallen immer wieder in die gleichen Muster zurück, werden zu passiv, kommen nicht richtig in die Zweikämpfe, verpassen es, nach einer Führung auch das zweite, dritte Tor zu schießen, schaffen es nicht, eine knappe Führung souverän nach Hause zu bringen (das war unter Favre mal anders) und spielerisch haben wir in vielen Spielen ebenfalls viele, viele Mängel gezeigt und Kreativität und Spielwitz vermissen lassen. Unter Schubert haben wir viele Chancen erarbeitet und erspielt und hatten eine katastrophale Chancenverwertung, unter Herrn Hecking haben wir weniger Chancen und stehen defensiv trotzdem nicht viel stabiler.
Herr Eberl, wir Fans (und ich spreche nicht für alle aber für viele) erwarten nicht, dass wir jeden Gegner in Grund und Boden spielen, dass wir jedes Spiel gegen Vereine hinter uns in der Tabelle gewinnen, wir den Gegner dominieren über 90 Minuten, wir Fans verstehen sehr viel, aber wir wollen eine Weiterentwicklung sehen, wir wollen erkennen, dass die Mannschaft, wenn es spielerisch nicht läuft, wenigstens mit der richtigen Einstellung auf dem Platz agiert, wir wollen eine leidenschaftliche Mannschaft, die alles versucht und sich nicht zu weit zurück zieht, eine Mannschaft, die aus Fehlern lernt und diese nicht ständig wiederholt. Aber genau das sehen wir aktuell eben nicht. Das Thema Einstellung und Passivität, sowie Leistungswillen und Laufbereitschaft zieht sich seit 9 Monaten immer wieder wie ein roter Faden durch die Leistungen unserer Borussia.
Letzte Saison hatten wir die Chance, ins Pokalfinale zu kommen, einem Titel so nahe zu kommen wie seit gefühlten Ewigkeiten nicht. Und was passiert dann, die erste Halbzeit war die Mannschaft gefühlt gar nicht auf dem Platz und hat sich den Schneid abkaufen lassen, sie hat eine Riesenchance verschenkt, obwohl sie gegen die damals schwächste Mannschaft der Rückrunde spielte. Den Frankfurtern hat es gereicht, uns taktisch zu überraschen, wobei ich mich frage, was daran überraschend war, denn es war klar, dass sie sofort drauf gehen und uns kämpferisch über Zweikämpfe den Spaß am Spiel nehmen wollen. Und was passiert ein paar Monate später beim nächsten Heimspiel gegen den gleichen Gegner, das gleiche Spiel von vorn…. Wir spielen gegen Schalke in der EL, liegen zur Pause 2:0 vorne, erzielen das 2:0 kurz davor. Jedem im Stadion ist klar, dass die nächsten 15-20 Minuten entscheidend sind und wir kommen zurück auf den Platz und lassen alles vermissen, was uns vorher stark machte. Ja, Schalke ist keine Laufkundschaft, aber sie sind eben auch keine Übermannschaft. Kurz vor Ende der Saison haben wir die Chance, uns doch noch für die EL zu qualifizieren, doch die letzten 3 Spiele lassen wir ungenutzt und spielen schwach, lassen diese Chance mit 3 Unentschieden liegen.
Und in dieser Saison starten wir mit einem glücklichen Pokalsieg in Essen, gegen einen Viertligisten. Ja, im Pokal gibt es keine leichten Gegner, aber auch da war zu sehen, wie schwer wir uns gegen eine bestimmte Spielweise des Gegners spielerisch tun. Wir starten mit dem Derbysieg in die Liga, bei dem wir 60 Minuten klar dominieren, gehen in Führung und machen Köln dann stark und bringen den Sieg in Gefahr, drehen in Augsburg einen frühen Rückstand, spielen stark bis zur Halbzeit und lassen in der zweiten alles, aber wirklich alles vermissen und betteln um den Ausgleich, hätten eigentlich verlieren müssen. Dann das schon angesprochene Heimspiel gegen Frankfurt (frühes Gegentor) ohne eine einzige klare Torchance durch uns. In Leipzig erkämpfen wir uns nach einer sehr schwachen ersten Halbzeit noch stark einen Punkt und die Hoffnung keimt auf, es wird besser.
Gegen den VfB gab es einen Heimsieg, nicht schön, aber verdient, aber auch da lassen wir einen völlig harmlosen VfB zum Schluss mächtig aufkommen und 4 bis 5 Großchancen zu. Über das Spiel in Dortmund hüllen wir lieber den Mantel des Schweigens, der BVB war damals schon sehr anfällig, aber wir sind völlig eingebrochen. Weiter ging es gegen Hannover, einen Aufsteiger, der sicher im Hoch war und nicht einfach zu bespielen, aber auch das Spiel war sehr lange sehr schwach und zum Schluss ein mehr als glücklicher Sieg, wenn Harnik das Tor macht, verlieren wir.
Danach gab es wieder einen Lichtblick, der souveräne Sieg in Bremen, eine tolle erste Halbzeit gegen Bayer Leverkusen mit zu wenig Toren für uns, um dann wieder komplett auseinander zu fallen und sich ins Schicksal zu ergeben und abgeschossen zu werden. Das tat sehr weh live im Stadion. Gute bis sehr gute Leistungen in Düsseldorf und Hoffenheim machten Hoffnung, dass die Mannschaft endlich sich findet. Doch es folgte ein weiteres, live erlebtes extrem schwaches Heimspiel gegen Mainz, bei dem wir nie einen Punkt holen dürfen. Zwei tolle Siege gegen Hertha und die Bayern folgten, wobei ehrlicherweise auch beim Spiel in Berlin diese unerklärliche Passivität nach klarer Führung da war und wir fast einen sicher geglaubten Sieg verspielten. Plötzlich war die Chance da, auf Platz 2 zu springen, die Chance aus einer ordentlichen Hinrunde etwas Besonderes zu machen und was passierte, ein Punkt aus 3 spielen mit zwei (nicht einer, Herr Eberl) miserablen Leistungen in Wolfsburg und Freiburg.
Konstanz war ein Fremdwort und die Fehler und Probleme, das Mentalitätsproblem der Mannschaft, sie wiederholen sich immer noch immer wieder. Ja, wir haben eine junge Mannschaft, wir wollen diesen Jungs Fehler zugestehen und keiner wirft Spielern wie Zakaria (überragender Einkauf), Cuisance, Oxford (bitte halten diesen jungen) oder anderen ähnlich Jungen vor, wenn sie mal Fehler machen. Das Problem ist doch aber, dass es die erfahrenen Spieler sind, die schwächeln, ein Wendt an erster Stelle, auch ein Sommer, ein Ginter, ein Vestergaard, dass ein Raffael und Stindl deutlich hinter ihren Möglichkeiten bleiben, ein Hazard im Abschluss einfach nicht kaltschnäuziger wird bei aller sonstiger positiver Entwicklung. Ich und viele Fans verkenne die Verletzungsproblematik nicht, trotzdem stand da fast immer eine durchaus erfahrene und erprobte Elf mit etlichen Nationalspielern auf dem Platz, aber gefestigt wirkte die Mannschaft nicht.
Unsere Erwartungshaltung, die Haltung der Fans, die unsere Hinserie eher kritisch sehen, ist nicht, dass wir wie Bayern punkten und spielen, aber wir erwarten, dass dieser Kader seine Möglichkeiten und Fähigkeiten voll ausschöpft und dass nicht nur in einem Drittel, sondern in ¾ der Spiele auch Wille, Einstellung, Laufbereitschaft und Spielfreude erkennbar werden und auf dem Platz gezeigt werden. Und wir wollen sehen, dass die Mentalität stimmt, wir uns wehren und nicht zu passiv werden. Ich und viele andere haben kein Problem, wenn wir unser Potenzial weitgehend ausschöpfen, alles geben und am Ende auf Platz 8 landen, aber wir das Gefühl haben, es war nicht mehr drin. Wenn wir aber das Gefühl haben, dass wir wiederholt eine Chance verpassen, weil es im Kopf, in der Einstellung, bei der Aggressivität, der Mentalität nicht passt, dann sind wir – zurecht, wie ich finde – unzufrieden. Und dieses Gefühl haben viele Fans aktuell. Viele sagen mir oder schreiben in Foren, in denen ich bin, dass die Punktzahl, die wir geholt haben, eher glücklich und zu hoch angesichts der gezeigten Leistungen ist und haben Bedenken, dass wir dieses Glück beibehalten in der Rückrunde. Mir geht es auch so.
Wir sind, dank der herausragenden Arbeit von Ihnen, Herrn Königs, Herrn Schippers und vielen, vielen anderen, die nicht im Medienvordergrund stehen, inzwischen so weit, dass wir finanziell auf sehr gesunden Beinen stehen und wirtschaftlich so stark sind wie nie zuvor. Wir haben in den letzten 5 Jahren über 100 Mio. € in neue Spieler investieren können, ja, wir haben dafür auch wichtige und tolle Spieler wie ter Stegen, Xhaka, Dahoud verloren. Aber wir sind nicht mehr nur die kleine Borussia, wir sind gesund, wir haben einen sehr starken Kader, spielerisch sicher einer der 5 besten der Liga. Und Hand aufs Herz, von den Investitionen und den Gehältern dürften wir inzwischen auch auf Platz 5-7 stehen. Ist es dann zu viel erwartet, wenn wir Fans das auch auf dem Platz sehen wollen und wir ernsthafter Kandidat für einen EL-Platz sind, idealerweise uns vielleicht Platz 4 schnappen, wenn die anderen schwächeln? Ich denke nein.
Ich maße mir nicht an, mehr von Fußball zu verstehen als Sie oder Herr Hecking oder jeder andere in unserem Team, aber wir Fans leben von unseren Eindrücken, unseren Gefühlen, unseren Wahrnehmungen und so ein klein wenig Ahnung haben wir auch. Von Finanzen verstehe ich mehr als Diplom-Kaufmann, von Menschenführung auch als langjährige Führungskraft und daher weiß ich auch, wie schwer es ist, Einstellungen von Menschen und Teams zu bewegen und zu verändern und wie schwer dauerhafte extrinsische Motivation ist. Sie selber haben Ende letzter Saison angesprochen, dass uns vielleicht ein Schweinehund im Kader fehlt, dass dieser zu brav ist. Ich fürchte, der fehlt noch immer, denn derjenige muss auch Stamm- und Führungsspieler sein. Und leider fehlt uns links eine Alternative, aber das ist nur meine bescheidene Meinung.
Meine Ausführungen sind jetzt viel länger geworden, als ich es ursprünglich vor hatte. Ich hoffe jedoch, dass Sie – sofern Sie diesen Brief überhaupt lesen werden - einen vielleicht anderen Eindruck als bisher bekommen haben, was uns Fans (und ja, ich spreche sicher nicht für alle) aktuell bewegt, aber auch, was Sie am Freitag und Sonntag bei vielen von uns ausgelöst haben. Es geht nicht um einzelne Rückpässe, es geht nicht darum, nur offensiv nach vorne zu spielen, es geht um Leidenschaft, sich wiederholende Fehler, fehlende Weiterentwicklung, Mentalität auf dem Platz, Begeisterung, es geht um das, was Borussia für uns ausmacht und das misst sich nicht in Punkten oder Siegen alleine, sondern in vielen anderen Dingen.
Noch einmal, Pfiffe gegen das eigene Team während des Spiels, lehne ich genauso ab wie Sie, noch schlimmer Pfiffe gegen junge Spieler, die gerade einmal eine Handvoll Bundesligaspiele haben, aber der Unmut, die Unzufriedenheit über das „Wie“ dieser Hinrunde kann ich sehr gut nachvollziehen. Und auch den Ärger über Passivität und falsche Einstellung. Und so klare Worte, wie Sie, ob jetzt zurecht oder zu Unrecht, gegen Fans und zu hohe Erwartungshaltungen gefunden haben, so klare Worte werden sie hoffentlich auch intern finden bei den angesprochenen Herausforderungen der Mannschaft. Denn ich bin mir sicher, auch Ihnen und Herrn Hecking haben die Auftritte, die Einstellung und die Mentalität der Mannschaft öfter nicht gefallen.
Ich bin ganz ehrlich, ich wollte für mich und meine Familie wie immer für 3 Rückrundenheimspiele Tickets als Mitglied reservieren und kaufen. Ich habe es bereits nach dem Wolfsburgspiel nicht getan, schon da hat mich die Einstellung der Mannschaft zu sehr enttäuscht. Das Freiburgspiel hat diese Meinung verfestigt. Und Ihre Ausführungen am Freitag und am Sonntag haben jetzt zu der Entscheidung geführt, dass ich abwarten werden und es erst einmal sein lasse. Denn ein „Eventie“ will ich nach 46 Jahren Fansein und unzähligen besuchten Spielen auch in Liga 2, auch auswärts nicht sein.
Mein Herz gehört Borussia, aber wenn ein Stadionbesuch aus Ihrer Sicht nur noch denen gestattet ist, die nicht auch mal Entwicklungen kritisch hinterfragen, die nicht in der Nordkurve stehen, sondern einfach lieber sitzen, mitfiebern und die Mannschaft von der Ost oder Süd anfeuern und nicht pfeifen, dann bin ich falsch im Stadion, dann gehöre ich da nicht hin. Wenn der Verein und Sie es so sehen, dass es Fans erster Klasse (Nordkurve und VIP) und zweiter Klasse (die anderen) gibt, dann braucht der Verein mein Geld nicht, mein Herz, meine Liebe, meine Leidenschaft bleiben, die kann niemand kaufen oder gewinnen, die habe ich bereits an Borussia verloren, das wird immer so bleiben. Und ich werde sicher „niemals zu den Bayern“ gehen, weil die für mich im Gegensatz zu Borussia eben für genau das stehen, nämlich Gewinnen und Gewinne um jeden Preis.
Wenn meine Erwartungen, dass wir inzwischen finanziell, strukturell und auch von der sportlichen Qualität her, ein Verein sind, der unter die ersten 8 gehört und zumindest immer das Ziel haben sollte, die internationalen Plätze zu erreichen, angesichts der Kosten und der Qualität unserer Spieler, wenn das zu hoch ist, dann stellen sich mir Fragen, welche Erwartungen dürfen wir denn haben. Wenn es zuviel verlangt ist, dass eine Mannschaft mit der richtigen Mentalität und Einstellung möglichst in jedes Spiel geht, weil dann gerade in dieser engen Liga viel möglich ist, und ich nicht enttäuscht sein darf, wenn es daran mangelt und zwar wiederholt, dann frage ich mich, wozu will ein Verein noch Fans, will er lieber nur unkritische „Follower“.
Herr Eberl, ich möchte mich bei Ihnen und bei vielen, vielen im gesamten Verein herzlich bedanken für Ihre tägliche, nicht einfache Arbeit, sie haben vieles großartig gemacht und ich bin mehr als froh, dass Sie unser Manager sind. Auch ihre Leidenschaft für Borussia, Ihr Herzblut für den Verein und das Team wurde am Freitag und Sonntag wieder mehr als deutlich. Das finde ich herausragend, doch Sie haben am Freitag und Sonntag auch vielen, treuen Fans heftig vor den Kopf gestoßen, die seit Jahrzehnten die Seele dieser Borussia sind.
Ich und ich glaube, ich spreche im Namen etlicher Fans, wünsche Ihnen und der Mannschaft viel Erfolg im neuen Jahr, eine frohe Weihnachtszeit und eine kurze, aber erholsame Pause bis zur Rückrunde, wir alle stehen voll und ganz hinter Ihrem Weg und der Borussia, aber es gibt eben auch viele, die die Hinrunde nicht nur an den Punkten und der Platzierung messen und von einigen Entwicklungen und Auftritten auf dem Platz enttäuscht sind. Und hoffen, dass die Mannschaft endlich ihr Mentalitätsproblem in den Griff bekommt, denn sie hat ja schon gezeigt, was dann möglich ist.
Ich wünsche mir aber auch, dass Sie keinen Keil zwischen die Fans treiben und eben nicht in gute und schlechte Fans unterscheiden, nicht die Nordkurve isolieren, zumal diese eben auch, sogar zahlreich gepfiffen hat und in letzter Zeit, siehe Stimmungsboykott, nicht immer geglänzt hat. Borussia und auch Sie brauchen alle Fans und wir brauchen Borussia, weil wir Borussia lieben und leben.
Schwarz-Weiß-Grüne Grüße