@Rinne
Erstmal meine allerhöchste Hochachtung für deine verfasste Abhandlung zum Thema Motivation. Wer sich die Mühe macht sich, als Plädoyer für einen Abstiegstrainer

, tief in eine (vermutlich fachfremde) Materie einzuarbeiten, darf mit fug und recht als Borusse mit Liebe zum Verein bezeichnet werden (es sei denn, du hast dir die Mühe nur gemacht, um dir selber Hoffnung zu machen - aber auch das wäre ok

).
Genug der Lobhudelei, denn auch dein Beitrag bringt leider weder einen Nachweis für die Eignung Luhukays als Borussentrainer, noch entkräftet er den Vorwurf, dass er diese Saison kein Team formen konnte, bzw. die Spieler nicht motivieren konnte.
Formal gesehen gehst du in deinen Beitrag mit diesen Grundannahmen:
Weiter sind viele Spieler dieser Mannschaft schon durch die eklatante Auswärtsschwäche an Motivationsparolen gewöhnt. Eine Sache, die sich später ebenso als große Schwäche im Abstiegskampf herausstellen soll. Hinzu kamen Fans die mit einer überhöhten Erwartungshaltung, geprägt durch die Medien und unseren Präsidenten die Mannschaft nun mit unglaublichem Zynismus abstraften und zusätzlich verunsicherten.
Diese Grundannahme ist nicht belegbar. D.h. a) man weiß nicht, ob die Spieler an Motivationsparolen gewöhnt sind (man weiß noch nicht mal wie und ob sie diesbezüglich motoviert wurde), b) man weiß weder wie, noch ob die Erwartungshaltung der Fans sich auf die Spieler ausgewirkt haben.
Eine Mannschaft, die noch nie zusammengewachsen war. Ein unglaublich großer Kader von Spielern, die erst neu hinzugestoßen waren, zu jung waren, keine Kämpfer waren und sich hier in Gladbach alles andere erhofft haben als den Abstiegskampf. Bezeichnen wir einige von ihnen als Erfolgsspieler
Auch diese Grundannahme ist nicht belegbar. Der Kader bestand zu Heynckes Antritt aus 24 Spielern, bei fünf Neuzugängen (Quelle: Borussia) und wurde in der Winterpause mit drei Spielern ergänzt. Ob der Kader zu groß oder zu klein war, ist objektiv nicht nachweisbar und seine Auswirkungen auf die Bildung eines Mannschaftsgefüges ebenso nicht. Die Annahmen die Spieler wären zu jung, keine Kämpfer und/oder Erfolgsspieler sind nicht belegbar.
Zum eigentlichen Thema der Motivation.
Du zeichnest in deinem Artikel, aufgrund der oben genannten Grundannahmen, das Bild einer Mannschaft, die aufgrund einer negativen Erfolgsserie, bezüglich ihrer Handlungsfähigkeit verunsichert ist und auf extrinsiche Motivation, aufgrund negativer Vorerlebnisse nicht mehr reagiert. Hier stellt sich für mich die Frage, welche extrinsische Motivation ein Spieler von einem Trainer bekommen kann? Mir fallen als stärkste Motivationsmöglichkeiten zuerst eine Geldprämie und eine Stammplatzgarantie und als schwächere Anreize Lob oder trainingsfrei ein. Ich denke wir gehen konform, dass der erste Anreiz (Geldprämie) als extrinsische Motivation immer funktioniert und am stärksten wirkt, je realistischer das Ziel ist (als Beispiel: 10 Minuten kein Tor kassieren vs. Meister werden). Wir können im Umkehrschluss sagen, dass wenn die stärkste extrinsische Motivation nicht mehr funktioniert hat, das gesetzte Ziel zur Erlangung des Anreizes von den Spielern als nicht realistisch angesehen wurde. Sprich, die Spieler sind nicht mehr davon ausgegangen, dass sie jemals wieder ein Spiel gewinnen (sollte dies das Ziel gewesen sein). Hier kommt jetzt das Konzept der intrinsischen Motivation ins Spiel.
Die intrinsische Motivation im Sport basiert größtenteils auf der Suche nach Erfolg und dessen Konsequenzen. Die Konsequenzen von Erfolg können z.B. Glück, Zufriedenheit oder Geld, Macht, Berühmtheit etc. sein. Die Suche nach Erfolg erfordert geplantes und zielgerichtetes Handeln, die optimale Bewertung von Ergebnissen eigenen Handelns und das Ziehen richtiger Schlüsse aus diesem Prozess. Dieser Prozess ist aber von aussen beeinflussbar. Ein Spieler neigt dazu, eine Bestätigung für die subjektive Bewertung eines Ergebnisses seines Handelns zu suchen. Hier kommt der Trainer ins Spiel. Nehmen wir den Fall Degen. Wenn der Junge in einem Spiel 5 Torchancen hat und sie alle kläglich versemmelt, wird er in der Folge das Ergebnis seines Handelns bewerten und eine Bestätigung (oder das Gegenteil) von seinem Trainer erwarten. Es gibt jetzt einige Möglichkeiten, je nachdem welcher Typus Degen ist.
Prozess der Bewertung eines Ergebnisses einer Handlung:
a) er sucht den Grund nicht bei sich: "Der Ball war nicht hart genug"
Trainer 1. Möglichkeit: "Ja, daran lags!"
Trainer 2. Möglichkeit: "Ne, du bist ne Vollmöhre!"
b) er sucht den Grund bei sich: "Ich kann nicht schiessen."
Trainer 1. Möglichkeit: "Ja, du bist ne Vollmöhre!"
Trainer 2. Möglichkeit: "Ne, der Ball war nicht hart genug."
Prozess der folgerichtigen Interpretation einer Bewertung
a) Mißerfolgsscheuer Typ: "Beim nächsten Mal schieße ich nicht, sondern passe."
Trainer 1. Möglichkeit: "Ne, du spielst gar nicht mehr!"
Trainer 2. Möglichkeit: "Jung, mach Torschusstraining, dann wird alles gut."
b) Erfolgssuchender Typ: "Ich mache jeden Tag eine Zusatzeinheit Torschuss."
Trainer 1. Möglichkeit: "Ne, du spielst gar nicht mehr!"
Trainer 2. Möglichkeit: "Genau, das ist die richtige Einstellung!"
Was ich damit sagen will, ist dass der Trainer sowohl bei der Bewertung, durch Bestätigung oder Verneinung ebendieser, die instrinsische Motivation sehr wohl steuern kann, als auch in der Folgephase nach der Interpretion der Bewertung durch positivierung oder eben negativierung. Die Verstärkung einer subjektiven Bewertung beeinflusst auch maßgeblich das Bilden von Teilzielen. Ein Spieler könnte durch positive Verstärkung ein realistisches, ambitioniertes Teilziel formulieren oder bei negativer Verstärkung ein sehr leicht zu erreichendes (je nachdem auch, ob er Mißerfolg meiden und daraus seine intrinsische Motivation steigern möchte oder ob er Erfolg sucht und bei Meisterung des Ziels eine höhere Eigenmotivation erfährt). Das Bilden von realistischen und ambitionierten Zielen wäre maßgeblich gewesen, um den Erfolg der daraufhin ausgelegten extrinsischen Motivation zu gewährleisten. Nach deiner Interpretation der Situation und des damit einhergehenden Scheiterns der extrinsischen Motivation sehe ich hier einen wichtigen Punkt. Luhukay hat es in meinen Augen nicht vermocht, die richtige "Umgebung" zur Entwicklung intrinsischer Motivation zu schaffen, gleichzeitig das Vertrauensverhältnis Spieler-Trainer gestört und damit einhergehend das Bilden realisierbarer Teilziele behindert.
Was den Flow angeht. Argentiniens großer Fussballphilosoph Jorge Valdano sagt gerne: "Fussball ist ein Spiel der Serien (gemeint sind Glücks- und Pechsträhnen) und der geschickte Umgang mit selbigen."
Aber auch diese Serien sind evozierbar unter anderem auch durch den Trainer! Bestes Beispiel ist im Moment Real Madrid. Vor 7 oder 8 Spieltagen hat er seiner Mannschaft klargemacht, dass wenn die letzten 12 Spiele gewonnen werden, Real Meister wird. Nichts einfacher als das, werden sich sicherlich einige Spieler dieses zusammengewürfelten Haufens gesagt haben, aber Fakt ist, dass seit dem Real kein Spiel mehr verloren hat (dabei 2 Spiele in der Nachspielzeit gewonnen hat) und im Moment zum ersten Mal seit anderthalb Jahren Tabellenführer ist. Wie kann sowas gehen, zumal Real in einer ähnlichen Situation (ok, auf einem anderen Level) wie wir zum Ende der Hinserie war?
Autosuggestion, Inner Training, NLP, Hypnose es gibt zig Möglichkeiten negative Erlebnisse in ein "jetzt-erst-recht" umzuwandeln. Der Prozess war ja auch schon weit gediehen. In der Vorbereitung in der Winterpause haben wir 7 Testspiele in Folge gewonnen (Degen dabei Top-Torschütze!), dann kam der erste Rückschlag mit der klaren Niederlage gegen Cottbus, aber auch das gute Spiel gegen Nürnberg und letzten Endes der Sieg in Bielefeld. Die Mannschaft war auf dem Weg dahin, warum ist es gescheitert?
Ich nehme mal die Definition von Mihaly Csikszentmihalyi:
1. Wir sind der Aktivität gewachsen.
2. Wir sind fähig, uns auf unser Tun zu konzentrieren.
3. Die Aktivität hat deutliche Ziele.
4. Die Aktivität hat unmittelbare Rückmeldung.
5. Wir haben das Gefühl von Kontrolle über unsere Aktivität.
6. Unsere Sorgen um uns selbst verschwinden.
7. Unser Gefühl für Zeitabläufe ist verändert.
8. Die Tätigkeit hat ihre Zielsetzung bei sich selbst (sie ist autotelisch)
Ich denke wir gehen konform, dass dies alles durchaus vom Trainer beeinflussbar ist. Mehr noch, es ist z.T. Kernaufgabe des Trainers; es geht nämlich hauptsächlich um Handlungsbefähigung (Punkte 1,2,3,4,5,7). Der Spieler muss also befähigt werden in einer möglichst kurzen Handlungsgeschwindigkeit komplizierteste koordinative Prozesse zu meistern. Was heisst das? Die Jungs sollen dribbeln, passen und schiessen können. Was hat Heynckes laut Kluge bist zum Exzess gemacht? Richtig! Ich unterstelle, da ich nicht beweisen kann, dass Heynckes die Problematik erkannt hat. Er wollte Automatismen installieren und das hat zu Beginn auch funktioniert. Warum danach nicht? Fehlte es Luhukay am Geschick mit Spielern umzugehen und die optimalen Voraussetzungen für eine Motivation zu schaffen? Vielleicht.
Ob Luhukay sein "Paderborner" Konzept genauso erfolgreich bei der Borussia umsetzen kann? Kann keiner sagen, denke ich. Hilfreich wäre es aber, wenn er an der SpoHo das Seminar Sportpsychologie (und die Abhandlungen Knings und Rinnes

) ordentlich zu Gemüte führt.
