HB-Männchen
Man redet immer so viel von der Entwicklung einer Mannschaft. Man justiert hier und da, man dreht die Stellschrauben an dieser oder jener Position, man verschiebt den einen Spieler von der 9 auf die 8, man zieht den anderen von rechts in die Mitte usw. Man stellt die Systemfrage vor dem Hintergrund, der Mannschaft eine Ausrichtung, eine Balance zu geben, ein System oder Spielauffassung, die immer darauf ausgerichtet sein muß, die Stärken der einzelnen Spieler zu optimieren und dadurch die Schwächen der einzelnen zu minimieren. Das geht über Ordnung, das geht über Positionsspiel, das geht über Variabilität usw. Wenn du allerdings viele Spieler mit nahezu den selben Stärken und Schwächen hast und trotzdem auf manchen Positionen nicht oder nur mittelfristig orientiert nachgelegt hast, dann wird sich eine nachhaltige Entwicklung einer Mannschaft nicht automatisch einstellen.
Das ist die größte Krux in der Mannschaft dieses Jahr. Hab´s schon öfter geschrieben glaube ich. Ein neues System ist gut und recht und nur folgerichtig angesichts des Schlafwagenfußballs, den wir letztes Jahr gegnerunabhängig gespielt haben. Die Entwicklung der Mannschaft hat stagniert, ich hatte viel zu oft das Gefühl, da kommt nix mehr, da geht zu wenig, da kommen zu wenig eigene Impulse aus der Mannschaft selbst. Vieles war mit Sicherheit auch den Verletzten geschuldet. Zu wenig Alternativen macht die Tür auf für Selbstzufriedenheit, Anspruchsarmut, da läßt die Bereitschaft nach, ans Maximum zu geben. Wenn eine Mannschaft eine geschlossene Gesellschaft geworden ist, dann läßt sie keinen Druck mehr zu, entscheidet letztendlich selbst, ob sie Leistung bringen will oder nicht, kann sich in den entscheidenden Momenten nicht mehr steigern. Haben wir letzte Saison bei uns oft genug gesehen. Aktuell - siehe WM ´18 - läßt die Nationalmannschaft grüßen.
4 Halbzeiten haben wir gesehen diese Saison - viel zu früh, um irgendwas daraus abzuleiten. Aber richtig gut war nur eine, die zweite Hälfte gegen die Pillen. Danach wurde viel zu viel gelobhudelt. Das Statement von Hofmann nach dem Spiel war dafür sinnbildlich.
Hofmann lobt sich selbst dafür, daß er sich alles erarbeitet hatte. Nach einer guten Hälfte mit einem Elfmetertor. So sieht Selbstzufriedenheit aus. Jantschke, untadeliger Sportsmann, sieht die Einstelligkeit als Erfolg. So redet einer, der auch dann zufrieden ist, wenn er mal spielt, mal wieder nicht. Anspruchsdenken sieht anders aus. Das ist kein Realismus, das ist die Meinung eines Kaderspielers, der sich nach eigener Aussage "nichts mehr beweisen muß". Alles ok. Aber Druck sieht anders aus.
Wendt ist weiterhin unumstritten. Warum ist und bleibt mir ein Rätsel. Warum sollte ein Wendt, der den Schlafwagenfußball der letzten Saison mit seiner Rückpaßorgie und dem hohen Verteidigerfüßchen noch bereichert hat, diese Saison auf einmal stärker sein? Geht gar nicht.
Ich will hier nichts schlechtreden. Darum geht´s gar nicht. Ich bin da eher wie Sammer - den kann man mögen oder nicht - aber er ist und war einer, der in Zeiten des Erfolges genau diese Selbstzufriedenheit angeprangert hat und noch mehr Leistung eingefordert hat, um die gezeigte Leistung zu bestätigen.
Wir müssen an unserer Mentalität arbeiten. Führungsspieler kann man nicht zu solchen erziehen. Es muß mehr Qualität von außen kommen. Ich verspreche mir da von Plea recht viel, auch Lang scheint jemand mit solchen Qualitäten zu sein. Ginter kann einer werden, jemand, der Ansprüche formuliert und der dann am Ende des Tages auch an solchen gemessen werden muß und soll.
Dazu braucht es aktive Konkurrenzsituationen auf allen Positionen. Wenn Hecking es schafft, mit einer nahezu unveränderten Struktur im Kader einerseits den Systemwechsel hin zu mehr Tempo, Spielwitz und Aggressivität zu schaffen und andererseits die Entwicklung der Spieler hin zu mehr Siegermentalität hinzubekommen, dann hat er eine herausragende Trainerleistung gebracht.
Dazu muß er selbst noch mutiger werden - in seiner Aufstellung, in den Anforderungen an seine Spieler, er muß noch aggressiver den Konkurrenzkampf forcieren, er muß die Spieler beschäftigen, konfrontieren mit ihren Leistungen und den Leistungen der anderen. Ein Benes, ein Cuisance, ein Zakaria - sie müssen in der Lage sein, Spieler wie Hofmann zu fordern und ihren Platz einzunehmen, wenn Hofmann stagniert und sich nicht steigert. Das ist nur ein Beispiel, ich könnte auch Hazard, Herrmann, Wendt oder von mir aus auch Johnson hier nennen.
Nur so kommen wir weiter.
Und deshalb ist das Schlacke-Spiel so wichtig. Schlacke darf gerne den stärkeren Kader haben als wir und Hecking darf das auch gerne anführen. Wir haben die Mittel und das Personal dafür und können das auch schaffen. Da setzt du ein Zeichen, da zeigst du, daß du da bist und daß du was anderes auf den Platz bringen willst, als dieses Valium-Gekicke der letzten Saison.
Wenn du Erfolg hast, darfst du nicht zufrieden sein. Wenn du keinen Erfolg hast, darfst du keine Ausreden suchen.
Ich glaube, Hecking hat das erkannt. Wünschen würde ich mir eine stärkere Konsequenz in seinen Personalentscheidungen, ohne gleich alles nach 2, 3 Spielen in den Sack hauen zu wollen. Die Klasse der Spieler ist auf vielen Positionen nahezu identisch. Der Kopf macht den Unterschied. Wer mehr Siegeswillen zeigt, wer bereit ist, sich seinen Platz in der ersten Elf zu verdienen, zu erkämpfen, zu erarbeiten, der soll spielen. Und wer nicht, der nicht.
Nur meine Meinung.
Und das soll´s dann auch gewesen sein.