@ AlanS
Vorneweg: Ich denke nicht, dass wir offtopic sind, da wir ein Themenfeld diskutieren, welches zum Hauptaufgabengebiet Eberls gehört, nämlich die Bewertung der Trainerarbeit, bzw. die strategische Überlegung und der Nutzen von Trainerwechseln.
AlanS hat geschrieben:Diese Faktoren sind immer da und im Normalfall gleichmäßig auf alle Vereine verteilt. Daher ist es müßig, sie als Argument einzusetzen. (...) Es kam also über die Saison gesehen zum Ausgleich.
Wenn wir beide sechs Mal würfeln, haben wir dann beide alle Augen je einmal gewürfelt? Das in etwa besagt deine Aussage und sorry für die harschen Worte, aber das ist kompletter Unsinn. Die Legende, dass sich Glück, Pech und Fehlentscheidungen in einer Saison ausgleichen, ist in keinster Weise haltbar. Warum sollte das auch so sein und vor allem in diesem starren zeitlichen Rahmen? In unserem konkreten Fall ist es nachweisbar, dass wir mit einigem Abstand die meisten Fehlentscheidungen und die meisten Ausfallzeiten aller Bundesligamannschaften gehabt haben. Deiner Theorie nach müssten aber alle am Ende der Saison die gleichen Werte haben. Das wir dieses "Unglück" vor allem in der Hinrunde erdulden mussten und in der Rückrunde weitestgehend davon verschont blieben, ist mit Sicherheit keine ausgleichende Gerechtigkeit, trägt aber, durch die eben vorhandene höhere kollektive Qualität des Kaders, ergänzt durch die Neuverpflichtungen, zu der unterschiedlichen Punkteausbeute in Hin- und Rückrunde in meinen Augen deutlich bei.
Die von Frontzeck und Eberl stets ausgelobte Ausgeglichenheit des Kaders bedeutet in dem Zusammenhang auch nicht, dass der Wegfall eines gesamten Mannschaftsteils problemlos qualitativ gleichwertig ersetzt werden kann. Sie bedeutet meiner Ansicht nach, dass einem Trainer, innerhalb einer "normalen" Saison, verschiedene personelle und taktische Alternativen zur Verfügung stehen, die ein erfolgreiches Bestreiten der Saison ermöglichen. Der Fall einer normalen Saison ist aber, vor allem in der Hinrunde, eben nicht eingetroffen. Als Beispiel sei genannt, dass in den letzten zehn Saisons die Stamminnenverteidiger im Schnitt 78% aller Spiele absolviert haben, während es in der Hinrunde es gerade mal 32% waren. Wie will man so einen Ausfall in einem Mannschaftsteil mitsamt seinen Auswirkungen auf die gesamte Defensive adäquat ersetzen? Ich behaupte mal, dass dies nicht mal die Bayern können. Desweiteren möchte ich dich in deinem Glauben lassen, dass du als Trainer mit Leichtathleten nur durch Einübung von Laufwegen einer Fußballmannschaft das Leben schwer machen könntest. Fußball ist zwar ein Laufsport jedoch sind bestimmte Fähigkeiten und Fertigkeiten unabdingbar.
AlanS hat geschrieben: Es wäre also interessant, warum diese Spirale einsetzten konnte
Eben! Im Gegensatz zu uns gab es keine nennenswerten Ausfälle, soweit ich weiß, nicht diese Fülle an Fehlentscheidungen und es gab (im Gegensatz zu uns nach Meinung einiger) einen fähigen Trainer, der eine sehr gute Hinrunde mit dem Kader hingelegt hatte. Die Frage ist jetzt, anhand welcher Analyse ist der Sportdirektor zum Schluss gekommen, dass ein Trainerwechsel notwendig war? In der Regel wird diese Entscheidung ja scheinbar lediglich an den Ergebnissen festgemacht und man erwählt zeitnah einen bestimmten Trainertypus, der diese Situation revertieren soll. Für mich ist das in den allermeisten Fällen purer Aktionismus, dem keine objektive und nachvollziehbare sportliche Analyse zugrunde liegt. Die Mechanismen des Geschäfts halt und somit völliger Humbug.
Eberl und die sportliche Leitung haben letzte Saison hingegen in meinen Augen richtig gute Arbeit geleistet, indem sie dieser Unsitte nicht verfallen sind, sondern schlüssig eine Ursachenforschung betrieben und zunächst die notwendigen Veränderungen des Kaders vorangetrieben haben. Ob der Trainerwechsel als letzte Konsequenz notwendig war, oder ob sich der Turnaround auch unter Frontzeck eingestellt hätte, lässt sich nunmal nicht mehr beweisen. Gefühlt und gestützt durch wissenschaftliche Studien ist es meine Meinung, dass das Ergebnis unter Frontzeck dasselbe gewesen wäre.
AlanS hat geschrieben:Dafür kann man doch aber aktiv etwas tun!
Nichts anderes steht doch in meiner Aussage! Du benötigst Zeit, denn du kannst den mentalen Zustand eines Teams nicht in einer Woche ändern und du brauchst wiederholten Erfolg, damit innerhalb der Mannschaft sich das Muster bahnt, dass der Erfolg auf die Arbeit zurückzuführen ist. Nur so kommt man aus dieser Spirale heraus. Wir hatten in Hin- und Rückrunde eine Menge Spiele wo wir auf der Kippe standen, diesen Effekt zu erreichen, den Glauben an die eigenen Fähigkeiten wiederherzustellen. Aber oft sind wir durch eigene Dummheit oder aber durch den Eingriff von Außen darum gebracht worden. Das Spiel gegen Stuttgart in der Rückrunde war ein Spiegel vieler Spiele in der Hinrunde. Ich bin auch sehr sicher, dass wenn dieses Spiel gewonnen worden wäre, die Negativspirale durchbrochen gewesen wäre.
Was aber genau kann ein Trainer tun und wie wirksam sind objektiv betrachtet seine Maßnahmen? Wie erfolgsversprechend ist es in diesem Zusammenhang auf einen anderen Trainertypus zu setzen? Wie nachhaltig ist der mögliche Erfolg bei einem Trainerwechsel? Und wann und unter welchen Umständen ist die Entscheidung des Sportdirektors einen Trainerwechsel herbeizuführen nachvollziehbar?
AlanS hat geschrieben:Ich glaube, er meint bei seiner Aussage genau die Einstellung, die ein durchschnittlicher BuLi-Profi generell mitbringt, mit der wahre Wunder vollbracht werden können. In anderen Kulturkreisen gibt es da bekanntlich schon erhebliche Probleme allein aus der Lebensphilosophie und der Mentalität der dort aufgewachsenen Spieler heraus.
Das halte ich für sehr pauschalisiert. Wenn ich mir die Nationalmannschaften anschaue, die ja ausschliesslich Spieler aus den jeweiligen Kulturkreisen beinhalten, so sind diese nicht minder erfolgreich als Teams aus hiesigem Kulturkreis.
Valdano war u.a. Spieler und Trainer bei Real Madrid und Weltmeister mit Argentinien. Ich denke, dass ein gewisser Erfahrungsschatz auf allerhöchster Ebene vorhanden ist und er sich bei meiner zitierten Aussage nicht auf regionale Gepflogenheiten bezog, sondern vielmehr den Aspekt und den Einfluss der Psyche im Fußball unterstreichen wollte. Natürlich hat der Trainer Einfluss auf diese Komponente und ist auch von mir unbestritten, meine Fragen dazu stehen aber dann auch weiter oben.
Wie geht das? Meines Wissens nach gibt es da keine verifizierbaren, standardisierten Prozesse.
AlanS hat geschrieben:ich dachte, ich bekomme Antworten von dir. Hab ich aber nicht
In meinen Posts gibt es eine Fülle von Antworten, man muss sie nur lesen und verstehen wollen
