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von atreiju » 13.04.2017 15:04
Es ist einfach, heute mit dem Wissen, das wir inzwischen haben, den Verantwortlichen des BVB, allen voran Herrn Watzke und Herrn Rauball, Vorwürfe zu machen, dass sie am Dienstag unmittelbar nach dem Anschlag, "falsch" agiert haben.
Versetzen wir uns doch mal in deren Lage:
Der Anschlag passiert, genaue Informationen gab es nicht, es hieß, lediglich ein Spieler ist leicht verletzt, die Verantwortlichen ahnen, es könnte ein Terroranschlag gewesen sein, der politische Druck ist sofort da. (Jeder der beiden weiß, dass eine Komplettabsage des Spiels und ein Zurückziehen des BVB wie ein Sieg für den Terror und die Attentäter gefeiert würde)
Es gibt einen Dialog zwischen den Vereinen und der UEFA, die UEFA stimmt einer Absage zu (offensichtlich wollte sie ja zunächst sogar, dass trotzdem verspätet gespielt wird am Dienstag abend), aber macht klar, dass eine Verschiebung maximal auf Mittwoch oder Donnerstag möglich ist - da spielt Monaco nicht mit, die wollen noch am Mittwoch wieder zuhause sein.
Die Konsequenz eines Nichtantretens macht die UEFA zudem sehr schnell klar: Wir müssen einen Terminplan einhalten, wir haben keinen Ausfalltermin, das Spiel muss diese Woche gespiel twerden, der Donnerstag wird von Monaco (zu dem Zeitpunkt und zu dem Wissensstand) abgelehnt. Die Uefa will eine schnelle Entscheidung, die zeitgleich mit der Spielabsage kommuniziert wird.
Bei Nichtantreten des BVB droht die sofortige Disqualifikation und das komplette Streichen aller Prämien und TV-Gelder aus dem Wettbewerb bis dahin (Gesamtsumme 60 Mio. € aufwärts). Die UEFA betont vielleicht noch, dass sie sich weitere Schritte und Strafen bei einem Nichtantreten z.B. Sperre für 2 Jahre für internationale Wettbewerbe vorbehält.
Herr Watzke steht jetzt vor der Entscheidung, was tun, Zeit, sich mit den Spielern oder anderen vor Ort abzustimmen, hat er nicht, seine Informationslage ist dünn, sowohl der politische als auch der wirtschaftliche Druck ist enorm. Vielleicht ist er in dem Moment einfach froh, dass nichts "Schlimmeres" passiert ist und muss handeln. Er stimmt der Spielverlegung zu, zumal Monaco mit Abreise am Mittwoch droht.
Ich möchte denjenigen sehen, der in dieser Situation, unter diesem Zeitdruck und sonstigen Einflüssen, auch vor dem Hintergrund, dass da im Stadion über 60000 Menschen sind, die eine Lösung/Klärung erwarten, sich hinstellt und sagt: Sorry, liebe UEFA, aber bevor wir hier einen neuen Termin vereinbaren, will ich erst einmal mehr Infos haben und mit den Betroffenen mich in Ruhe über deren Lageeinschätzung und Ansichten unterhalten. Diese Zeit hatte Watzke und hatte auch Rauball nicht. Dass ihre Worte zu dem Zeitpunkt sicher nicht optimal waren, vor allem, nachdem sich die Faktenlage besserte und mehr Informationen da waren, steht außer Frage. Und ich denke, sie werden sich über den ein oder anderen Satz selber ärgern. Aber DAS jetzt im Nachhinein zu kritisieren, ist einfach für Nichtbetroffene. Für Entscheider ist dies eben anders, du musst entscheiden und du weisst, du kannst wahrscheinlich nur verlieren.
Du stehst dann als Verantwortlicher vor der Frage, riskierst du bei einer Absage die sportliche und wirtschaftliche Existenz des Vereins, willst du dich dem politischen und medialen Druck nicht als Feigling dazustehen, widersetzen, du hast noch kein klares Informationsbild, was passiert ist und wie schlimm es tatsächlich war, du musst zudem Fans, Medien etc. Rede und Antwort stehen und das alles sehr schnell. Klar, jeder von euch hätte da Flagge gezeigt und gesagt, wir spielen nicht. und wer weiß, ob das wirklich dann von allen Spielern auch als die richtige Entscheidung gesehen worden wäre, wenn der Traum CL nicht nur für diese Saison, sondern auch für die nächsten möglicherweise, gestrichen worden wäre.
Ich bin - mit der Sicht von heute - überzeugt, dass Dortmund nicht für Folgejahre gesperrt worden wäre, da hätte es wohl zuviel Solidarität anderer Vereine gegeben, aber eine Garantie hast du eben nicht.
Insofern hat Watzke eine Entscheidung getroffen, eine, die ich wahrscheinlich an seiner Stelle auch so getroffen hätte, nur hätte ich es wohl anders kommuniziert. Den Vorwurf, hier nicht gleich Bedenken geäußert zu haben und darauf hingewiesen zu haben, dass diese Entscheidung schnell und ohne Rücksprache getroffen werden musste, den muss er scih gefallen lassen und daraus lernen. Aber ansonsten hat er in den meisten Punkten Recht, genau acuh wie Tuchel. Und cih mache auch Monaco keinen Vorwurf, auch denen war die Tragweise zu dem Zeitpunkt gar nicht bewusst, die wollen Meister werden, die haben auch ihre Interessen zu verteidigen.
Die UEFA hätte hier eine Chance gehabt, klare Vorgaben zu machen, zum Beispiel, indem sie eben nur die Spielabsage beschlossen hätte und keinen genauen neuen Termin festgelegt hätte, sondern entschieden hätte, damit bis Mittwoch abzuwarten und es hinzunehmen, dass unter Umständen dieses Spiel eben vor fast leerer Kulisse stattfindet, aber da kuschte man auch vor TV-Partnern und Sponsoren, ganz sicher.