Ob Statue auf der Bank oder Kasper an der Seitenlinie, wichtig ist letztlich, ob und wie ein Trainer seine Mannschaft erreicht. Und da macht Streich seit Jahren in Freiburg - gemessen an den Möglichkeiten dort - einen überragenden Job. Und dabei habe ich keineswegs vergessen, dass er mit dem SC auch einmal abgestiegen ist. Wenn ein Team regelmäßig einen großen Aderlass erfährt, ist das immer mal drin.
Abseits des Platzes vertritt der Mann in meinen Augen sehr vernünftige Ansichten, wenn es etwa darum geht, dass über die heutige Jugend geschimpft wird. Da sagt er zurecht, dass dies eher in der Verantwortung der Erziehungsberechtigung liegt.
Ich selbst bin in meiner ganzen Art völlig anders als der extrovertierte Streich, könnte mich nie so gehen lassen, aber ich schätze ihn als Trainer sehr. Dass er an der Seitenlinie immer mal wieder überzieht - geschenkt. Nobody is perfect. Ich kann den zähnefletschenden Klopp auch manchmal nur schlecht ertragen (er sich selbst, wenn er sich sieht, erklärtermaßen auch nicht), aber dass beide aus ihren Teams meist das Optimum herausholen (und nicht nur eine Halbserie), kann man wohl kaum bestreiten.
Den Luxus, sich einen stromlinienförmigen Übungsleiter zu backen, kann man sich nicht leisten. Wir sind auf der anderen Seite mit einem hochkomplizierten, sehr sensiblen Charakter wie Favre über Jahre bestens gefahren. Der konnte sehr charmant sein, aber ich weiß nicht, ob ich seine Launen jeden Tag hätte ertragen können. Zwischen den Persönlichkeiten von Streich und Favre liegen Welten, aber mit Beiden kann und konnte ich in ihrer Funktion als Trainer etwas anfangen. Mit Hecking könnte ich wahrscheinlich angenehmer einen Kneipenabend verbringen, aber um persönliche Sympathie, oder ob jemand mal das Borussentrikot getragen hat, geht es nicht. Nostalgie bringt für das Tagesgeschäft nicht das Geringste.
Streich mag wirklich nur in Freiburg funktionieren, aber so einen wie ihn würde ich - im übertragenen Sinne - mit der Schubkarre abholen. Kohfeldt finde ich auch interessant. Der lässt Werder mutig spielen, worauf ich - abseits aller Ergebnisse - schon geraumer Zeit mit einigem Neid blicke. Mir kann keiner erzählen, dass dort oder auch in Frankfurt die Voraussetzungen für einen Trainer besser sind als hier. Bremen fällt auch schon mal auf die Nase, weil der Kader qualitativ nicht breit genug aufgestellt ist, aber wenn ich etwa sehe, wie sie sich im Pokal in Dortmund wehrten, kann ich nur alle Hüte ziehen, die ich nicht habe.

Schauen wir mal, wie es Sonntag aussieht.