Ich erntete schon vor gut einem Jahr wenig freundliche Reaktionen, als ich darauf hinwies, dass Borussia langsam aber sich mit der Nachfolge des Maestros beschäftigen solle, deutete seine zunehmende Verletzungsanfälligkeit an. Ich wäre viel lieber - das dürft ihr mir ruhig glauben - eines Besseren belehrt worden.
Gegen Bremen - es tut mir leid es zu sagen, aber es ist nun mal meine Meinung - spielten wir praktisch mit 10 Mann. Gegen Hannover war es etwas besser, aber wenn einem Könner wie ihm in der 1. Halbzeit völlig unbedrängt gleich zweimal die Kugel meterweise vom Fuß springt, fällt es mir schwer, das alleine mit fehlender Spielpraxis zu erklären. Ich kenne es aus meiner Sportart, dass man bestimmte Fähigkeiten einfach hat, andere dafür sich immer wieder mühsam durch permanentes Training erarbeiten muss. Bei Raffael setze ich - überspitzt formuliert - einfach voraus, dass man ihn nachts um 2:00 Uhr aus dem Bett holen kann und ihm bei der Annahme eines nicht allzu harten Passes der Ball am Fuß klebt. In einem von 100 Fällen mag das anders sein, aber dann darf man das auch feststellen und kritisieren und ohne dafür alle möglichen Entschuldigungen dafür zu suchen. Trainiert hat er ja wohl.
Schön für ihn und gut für Borussia, dass er den Siegtreffer erzielte. Es ist jedoch keine Majestätsbeleidigung, wenn man feststellt, dass Korb den Ball ideal und für seinen Torwart unhaltbar abfälschte. Später vergab er eine Riesenchance zum 2:0. Nun, auch das hat mit fehlender Spielpraxis in meinen Augen wenig zu tun. Mir ist in all den Jahren schon einige Male aufgefallen, dass Raffael aus kürzester Entfernung und mitten vor dem Kasten das Tor nicht erzielt, aber die Unmöglichen verwandelt.
Dass wir seine Spielkunst bewundern und am liebsten für alle Ewigkeit konservieren möchten, steht doch außer Frage. Ich mag ihn sehr und freue mich, dass er hier seine Heimat gefunden zu haben scheint. Aber auch als größter Fan sollte es doch möglich sein, wenn man aus seiner subjektiven - vielleicht auch falschen - Sicht versucht, die Dinge etwas realistischer einzuordnen, ohne sich beschimpfen lassen zu müssen.
Es ist klar, dass der Maestro aufgrund seiner Verdienste weitaus mehr Kredit bekommt als andere. Die beliebte Floskel - er kann immer noch den Unterschied ausmachen - habe ich schon vor Augen, bevor ich den Thread öffne. Ich denke im Unterschied da etwa an Traore, der aus meiner Sicht nach vielen und langwierigen Verletzungen keinerlei Kredit hat und harsch gerade von denjenigen kritisiert wird, die Raffael so vehement davor in Schutz nehmen wollen. Der soll sofort da sein und am besten seine zeitweilige Hektik auch gleich mit abstellen. Das ist mir ein bisschen zu viel zweierlei Maß.
Ich habe eine Nacht darüber geschlafen und schreibe dies mit größtmöglicher Überzeugung. Und jetzt macht was draus.