Mein Satz ist mißverständlich, habe ich jetzt erst gemerkt. Du hast recht. Und so habe ich es auch gemeint. Ballbesitzfußball wie die Bayern oder FUSSBALL wie in Wolfsburg mit de Bruyne sollte es heißen.
Die Bazis spielen Ballbesitzfußball in Perfektion. Perfektion des Ballbesitzfußballs haben wir bei den Bazis unter Guardiola gesehen. Hohe Passsicherheit, die Mannschaft hat den Gegner erdrückt. Da hat so gut wie keiner den Ball verloren, da gab es Ballbesitzpassagen über Minuten mit Druck auf den Ball, mit Pressing auf die Verteidiger bis der Ball beim Zielstürmer landete und drin war das Ding. Ballbesitzfußball funktioniert nur, wenn du Druck auf den Ball mit Raumgewinn auf jeder Position ausüben kannst. Dann verschiebt sich die gesamte Mannschaft nach vorne, der Gegner wird immer mehr hinten rein gedrückt, quasi erdrückt. Du kriegst dann kaum mehr zweite Bälle, staffelst zu tief. Um Ballbesitzfußball zu spielen, brauchst du schnelle Verteidiger, weil die hoch stehen und - sollte mal doch eine Kontersituation entstehen - dann im Eins-gegen-Eins gegen den Angreifer stehen und diese Situation lösen müssen. Dortmund unter Bosz hat das so ähnlich versucht. Standen hoch, haben hoch gepreßt - Weigl, der noch unter Tuchel vor der Viererkette stand, das Spiel vor sich habend - stand dann 20 m hinter der Mittellinie und mußte Offensivzweikämpfe führen und gewinnen. Da ist er nicht schnell genug. Kriegt man den Ball nach Ballverlust nicht, stehen die Verteidiger hinten hoch und sind im Eins-gegen-Eins. Verteidiger wie Sokratis, Bartra oder Toprak sind da einfach viel zu langsam.
Wolfsburg hatte das ganze Spiel auf de Bruyne abgestimmt. Sie haben exakt so gespielt, wie Du es beschrieben hattest. Schnell vorgetragene Angriffe, beschleunigt im Halbfeld, raus auf die Flügel, Flanke auf den Zielstürmer, netzt der nicht, dann alle auf den zweiten Ball. Richtig erkannt.
Als er weg war, ging nix mehr. Hecking versuchte zuerst, diese Position eins-zu-eins zu ersetzen. Konnte nicht klappen. Dann hat er die Mannschaft - zumindestens aus meiner Erinnerung - zurück genommen, ist tiefer gestanden. Da brauchste dann Ballbesitz, um dich nach vorne zu verschieben. Nur gab´s da vorne dann keine Anspielstationen, weil die Spieler ohne de Bruyne viel im Rücken arbeiten mußten und das Spiel nicht mehr vor sich hatten. Hat er nicht hingekriegt. Ergebnis bekannt.
Ich hab´s schon oft gesagt - auch wenn ich Hecking kritisiere, spreche ich ihm nicht seine Qualitäten als Trainer insgesamt ab. Die Konstellation Hecking/Mannschaft funktioniert hier nicht. Er versucht so ein Mittelding zwischen Ballbesitzfußball - das sagt er ja auch immer - , wir brauchen Ballbesitzpassagen usw., Positionsspiel und variablem Offensivspiel. Einen de Bruyne haben wir nicht, deswegen stehen wir tief, versuchen mit Ballbesitz aus der Doppelsechs über die Aussen unser Spiel zu eröffnen. Die Außen rücken ein, verdichten den Platz mit den Sechsern. Wir verlieren nur viel zu viele Bälle im Aufbau. Sowohl Kramer als auch Zakaria sind keine Ballbesitz-Spieleröffner. Kramer ist ein Balleroberer, ein defensiver Stratege, Zakaria ist ein dynamischer Spieler, der über Zweikämpfe sich aus seiner Position löst, so Überzahl schaffen könnte, wenn er es denn dürfte. Unsere Außen - egal ob sie Traore, Grifo, Hofmann oder Herrmann heißen, haben alle ihre Schwierigkeiten beim Einrücken, bei der Arbeit gegen den Ball. Manche machen das besser, so wie Herrmann gegen die Bayern, dafür siehst du sie dann vorne nicht weil die Wege nach Balleroberung viel zu weit sind. Manche staffeln sich in der Rückwärtsbewegung schlecht gegen den Ball - wie Grifo gegen Freiburg - verlieren dann den offensiven Zweikampf, sind aus ihrer Position und können der Mannschaft dann nicht mehr helfen.
Die Probleme sind immer die gleichen - seit Monaten ist das so. Legt der Gegner an Tempo zu, läuft er unsere Außenverteidiger - vor allem Wendt - oder die Innenverteidiger an, dann bricht die Hektik aus, dann gibts nur den langen Ball meistens unkontrolliert nach vorne - viel Glück hinterhergewünscht. Die Mannschaft ist ungeordnet, die Positionen werden zwar gehalten, es gibt aber kein Lösen aus den Positionen, kein Verschieben.
Vorne genau das gleiche. Rücken die Außen nicht ein, stehen die Sechser zu tief, dann gibt´s ein Loch zwischen den Sechsern und den Stürmern. Dann hat der Gegner ständig Überzahl und zu viel Platz. Besetzen die Stürmer diesen Raum, wenn sie sich zurückziehen, ist vorne keiner. Der Ball wird meistens vor der Abwehr verdaddelt oder im Angriffsspiel verloren. 23 Tore insgesamt - mich würde mal interessieren, wie viele eigentlich aus dem Spiel heraus erzielt wurden. Mich wundert das nicht. Hätten wir uns nicht bei Standards verbessert, dann würden wir wahrscheinlich nicht mal 15 Tore erzielt haben. Zweitschlechteste Abwehr - mich wundert das nicht. Wir haben keine schlechten Innenverteidiger, Nationalspieler allesamt und auch keinen schlechten Torhüter. Wir lassen nur viel zu viel zu, kriegen unter Druck kaum zweite Bälle. Die individuellen Fehler erledigen den Rest.
Das kannst du alles noch ein Stück weit kompensieren, wenn du ne hohe Laufbereitschaft zeigst, dich aus deinen Positionen löst, ein gutes Paßspiel zeigst und einfach die Zweikämpfe suchst und auch gewinnst. Knapp 40% Zweikampfquote gestern...
Hecking, dieser Sturkopf, hält an seinem Ballbesitzfußball fest, obwohl wir nicht die Spieler dafür haben. Er kritisiert Grifo - zurecht oder nicht - für seine Arbeit gegen den Ball, obwohl die meisten Bälle direkt im Zentrum verloren gehen.
Wir sind weder Borussia Barcelona noch der FC Borussia Bayern mit diesem Kader. Wir haben eine Mannschaft, die gepflegten, technisch sauberen Offensivfußball spielen kann. Wir haben vorne variable technisch gute Stürmer allesamt mit einem guten Abschluß, aber viel zu weiten Wegen bis zum Tor. Der einzige Spieler, Raffael, der Angriffe zurückgezogen aus der Zehnerposition - die es im Hecking-System nicht gibt - einleiten kann, muß als vorderste Spitze defensiv die Abwehrspieler anlaufen und hat das Spiel mehr im Rücken als vor sich. Und dann wundert man sich, wenn er müde ist, keine Körner mehr für seine Eins-gegen-Eins-Situationen hat. Dafür sagt man dann in der Pressekonferenz, daß er eben auch nicht mehr der jüngste ist...
Das sind lauter so Sachen.
Wir haben die Spieler, um ein variables Spielsystem in der Offensive aufzuziehen. Wir brauchen meiner Meinung nach vor den beiden Sechsern einen Spieler, der diesen Raum konsequent bespielt. Wir brauchen zwei Sechser, die nicht das Spiel eröffnen müssen, weil wir sonst keinen haben - denn genau das können sie nicht. Wir brauchen einen Spieler vor diesen Sechsern, um den Druck in diesem Raum aufrecht zu erhalten - jemand, der einen Paß spielen kann, jemand der mal abschließt, jemanden der den Ball halten kann. Wir haben diesen Spieler, aber er darf das nicht spielen.
Oft sieht man bei Hecking den fehlenden Matchplan. Es sieht oft so aus, als würde er sagen, "also Leute, hinten sicher, gell, Chris, du holst Dir den Ball, dann vorne auf Hazard, die machen das schon...."
Die Mannschaft wirkt da überfordert, eigene Lösungen zu finden. Vieles sieht bemüht aus, aber strukturlos, hektisch. Was z. B. Hazard oft an Laufwegen da vorne leistet ist einerseits anerkennenswert, andererseits derart brotlos, daß es nichts anderes kostet als Kraft und Konzentration - genau diese Konzentration, die er für seinen Abschluß bräuchte, wo er regelmäßig versagt.
Aber jetzt lassen wir das.
Die Predigt geht eh schon wieder viel zu lange. Sorry