Schmolle hat geschrieben:Ausprobieren ist nun nicht das Argument, was mich überzeugt. Boykott ist unsere schärfste Waffe. Ich will nicht, dass sie stumpf wird.
Mir würde jetzt spontan nicht vieles einfallen, was schlimmer ist, als ein Teilausschluss, bei dem die zu vergebenen Karten personalisiert werden, obwohl man sich im letzten Aufeinandertreffen vorbildlich verhalten und nichts zu Schulden kommen lassen hat. Es gibt wahrscheinlich für einzelne Gruppen weitere Horrorszenarien wie Gruppenverbote. Aber was kann denn für die Fanszene als Ganzes noch schlimmeres passieren? Mir würde jetzt nur eine Steigerung der Zahlen (nur noch 3 % der Karten?) einfallen. Ein Verbot von Gästefans und Geisterspiele braucht man nicht boykottieren
Und bei der Abschaffung der Stehplätze würde in ganz Deutschland die Alarmglocken läuten.
Also wenn nicht jetzt, wann dann?!
Schmolle hat geschrieben:Welche Wirkung denn? Bei wem?
Dass die Aktion möglichst viel Aufmerksamkeit generieren soll, ist völlig klar.
So wird die Sicht der Fans überhaupt erst in der Öffentlichkeit thematisiert. Man hat die Gelegenheit, sich zu äußern, sich zu erklären, sich zu beschweren. Wenn man normal zum Derby fahren würde, wäre dem neutralen Zuschauer überhaupt nicht bewusst, welche Tragweite die Maßnahmen auf unsere Fankultur haben. Wenn ich ein Transparent zum Thema male, dann sehen das prinzipiell erst mal nur die Stadionbesucher und Leute, die sich auf diverse Internetseiten verirren. Die Leute, die es sehen, nehmen dieses Transparent als Meinung der Ultras wahr und nicht etwa als Meinung der vielseitigen Fanszene Borussias.
Dass wir mit einem Fernbleiben DFB, Politik und Polizei in die Hände spielen, sehe ich absolut nicht so. Wenn man hingeht und es ruhig bleibt, dann ist das ein Ergebnis der ergriffenen Maßnahmen. Geht man hin und es passiert trotzdem etwas, sind die "Unbelehrbaren" Anlass zu weiteren Maßnahmen.
Mit einem Boykott erreichen die Institutionen zwar auch das "Sicherheitsziel" für dieses explizierte Spiel, wenn man das wirklich auf Teufel komm raus so sehen möchte. Aber zu welchem Preis? Positive Stimmung ist genauso ein Verkaufsschlager wie attraktiver Fußball. Wir sollten uns weder größer reden noch kleiner machen als wir tatsächlich sind. Es ist eine wechselseitige Abhängigkeit (zugegebenermaßen ungleich starker Parteien). Sie legitimiert den Boykott in dem Sinne wie auch Streiks legitimiert sind. Manche mögen mit den Maßnahmen recht gut leben können - genauso wie manche mit ihrem Lohn eigentlich doch recht zufrieden sind. Natürlich ist es eine freie Entscheidung von jedem Einzelnen. Aber will man wirklich ein Streikbrecher sein und die Interessen der Gemeinschaft mit Füßen treten?
Wir werden Polizei, Verband und Politik nicht dazu bringen, uns und unsere Interessen ernsthaft zu verstehen. Denn es liegt schlicht nicht in ihrem Interesse dies zu tun. Genauso wenig, wie es im Interesse des Arbeitgebers liegt, zu reflektieren, was 8% mehr Lohn für die Lebensqualität der Arbeitnehmer bedeuten könnte. Denn das ist nicht sein Kerngeschäft. Aber weil der Deutsche es prinzipiell erst mal gar nicht mag, wenn nicht alles seinen gewohnten Gang geht und dann auch noch Diskussion und Streit aufkommen, können wir durch den Druck der Öffentlichkeit unsere Ziele erreichen - ohne dass wir dafür wirklich Verständnis bekommen.