So habe ich es eben auch mitbekommen. Die Mannschaft kam es wurde applaudiert, sie wollten die Welle machen und das wurde nicht erwidert.
Zum Einen weil die Kurve schon halbleer war und zum anderen weil niemandem nach Feiern zu Mute war. Mir persönlich auch nicht. Ich kann auch gerne meine Sicht der Dinge darlegen, weil ich nicht für alle sprechen kann.
Ich stand einfach 70 Minuten fassungslos im Block. Ich verglich immer wieder ungläubig die Aufstellung mit dem was da unten ablief. Ein Raffael mit Kreisligareaktionsradius. Normalerweise ist er alleine das Eintrittsgeld wert. Stindl, Herrmann, null Spielkultur. Standfussball. Ballgeschiebe. Auch wenn man es nicht haben sollte hatte ich imaginär noch Spiele auf gleichem Rasen vor Augen wo wir Manchester City am Rande der Niederlage hatte. Wo Juve auf einmal mauern musste gegen unseren Druck, damit sie irgendwie den einen Punkt noch mit nach Italien nehmen können. Natürlich kann man sagen, leb nicht in der Vergangenheit. Das stimmt auch. Aber ich finde unsere Mannschaft nicht schlechter als die von vor 3 Jahren. Und das ist doch positiv? Ich habe immer gesagt, im Borussia-Park können wir jede Mannschaft der Welt schlagen, wenn wir einen guten Tag erwischen. Bayern, Real, Barca, Juve, egal. Jeder ist für Borussia im Park schlagbar. Und das kann ich mittlerweile einfach nicht mehr sagen, was uns wieder ins jetzt und mich persönlich in den Block am Samstag führt. Ich stand da und sah vor meinem innerlichen Auge all die Sachen hinschwinden, die wir uns in den letzten Jahren aufgebaut haben. Nicht weil wir die besten Spieler hatten, sondern weil wir mit die beste Spielkultur hatten. Und heute ist nichts mehr davon da. Was ja auch wieder nicht schlimm ist, denn die Favre-Kultur muss nicht ewig nach Favre weiterleben. Aber man muss etwas neues aufbauen, eine neue Identität schaffen die der Fohlenkultur gerecht wird.
Dazu kam noch der gesamte Spielverlauf, die Videobeweise, die auch jegliche Stimmung und Emotion gekillt haben. Beim irregulären Tor habe ich mich noch gefreut, dann Enttäuschung. Dann der Ausgleich und statt Freude der bange Blick an die Linie. Elfmeter, nicht gepfiffen, Ärger. Doch gepfiffen, Verwunderung. Tor, 2:1, Staunen.
Und in dem ganzen Gemenge kam dann die Mannschaft zur Kurve und bekam Applaus so wie es sich gehörte. Und natürlich freut man sich über Siege. Aber ich wollte nicht feiern. Für mich gab es nichts zu feiern. Nicht aufgrund des Spiels, sondern aufgrund der Gesamtentwicklung. Das Spiel war für mich die Zusammenfassung dieser Saison. Null Esprit, aber dafür schon fast unverschämte Punkteausbeute, die vieles kaschiert.
Was dann passierte ist auch ein Novum in Gladbach. Ich gehe seit 10 Jahren zur Borussia und die Kurve hat noch nie "das Feiern" nicht erwidert. Egal ob wir letzter waren, im Abstiegskampf oder sonstwo. Aber wenn eine Nordkurve, die zumeist immer zu 100% hinter der Mannschaft steht und an jedem Tag jede Entfernung auf sich nimmt um auch auswärts da zu sein, nicht feiern will, dann sollte dem letzten im Verein klar sein, dass irgendetwas nicht stimmt. Etwas, was weit über dieses eine Spiel hinausgeht. Man muss auch mal sagen, dass trotz all der Querelen innerhalb der Kurve in diesem Punkt am Samstag Einigkeit herrschte. Die Zurückhaltung war nicht die Aktion von "Wenigen" sondern des Kollektivs.
Und ich denke das haben die Spieler, insbesondere Yann, nicht verstanden. Es ging nicht darum einen Sieg madig zu machen. Es ging um das Große und Ganze was die Fans anscheinend beschäftigt. Seit Monaten hinter hervorgehaltener Hand vor den Toren des Stadions, was aber konsequent weggeredet wurde seitens der Verantwortlichen. Das sich die Unzufriedenheit nun ins Stadion verlagert ist aus meiner Sicht die logische Konsequenz daraus. Die Fans, und das sagt Max Eberl ja auch, haben immer ein feines Gespür für die Situation. Nur gilt das nicht nur in positiver Art und Weise. Ich glaube, dass die Fans auch deutlich den Finger in die Wunden legen können, wenn sie das Gefühl haben, dass es sonst keiner tut. Das viele Fans natürlich viel zu schnell auf den Zug aufspringen ist klar und das wird meist auch nicht vom Kollektiv getragen. Beispielsweise die Pfiffe gegen Wendt vor ein paar Jahren, wo die Nord sich demonstrativ sogar gegen die eigene Tribüne gestellt hat. Aber wenn im Kollektiv solch eine Stimmung herrscht hat das nichts mehr mit "undankbaren Fans" zu tun. Dann ist das ein ganz wichtiges Signal was weder von Mannschaft noch vom Verein unterschätzt werden sollte.
Ein Signal, dass sich Mannschaft und Spieler selbst hinterfragen ob alles wirklich so ist, wie sie es nach außen kommunizieren. Und ganz ehrlich, das das Interview von Max Eberl so "anders" war am Samstag als in den letzten Wochen kann auch damit zu tun haben, dass er die Stimmung nicht nur mittlerweile deutlich wahrnimmt, sondern sogar verstehen und nachvollziehen kann. Und das ist jetzt auch wichtig. Wir brauchen ein starkes Korrektiv im Verein was die Fehler ehrlich findet, behebt und alle Parteien wieder zusammenbringt. Das kann Max Eberl, aber es wird die schwierigste Aufgabe glaube ich seitdem er bei uns ist.
Ich kann einem Yann auch seine Reaktion nicht übel nehmen. Er stand unter Strom und hat nicht verstanden wieso wir Fans uns nicht über einen Sieg freuen können. Heute würde er höchstwahrscheinlich ganz anders darauf reagieren, denn ich glaube er ist ein sehr intelligenter Mensch, der sich auch mit der Situation beschäftigt. Aber auch da ist es wichtig viel transparenter zu sein. Ich weiß der Grad ist Schmal. Aber Borussia brüstet sich immer damit ein fannaher Verein zu sein. Das geht aber weit über Autogramme am Trainingsplatz und Autogrammstunden im Minto raus. Das beinhaltet dann eben auch sich, natürlich unter der Aufsicht des Vereins, auch mal über solche "Pulverfässer" zu unterhalten. Wenn die Wahrnehmung von Fans und Mannschaft so weit auseinanderliegen, dann kommt es irgendwann einmal zu einer solchen Situation wo beide achselzuckend sich gegenüberstehen und keine Ahnung haben warum die andere Partei gerade so reagiert wie sie reagiert.
Naja lange Rede kurzer Sinn. In der Pause muss sich was tun. Der Druck ist nun da. Max Eberl hat den Stein ins Rollen gebracht, was bei mir, und sicherlich bei vielen anderen Anklang gefunden hat. Jetzt gilt es die richtigen Schlüsse zu ziehen. Ob jetzt ein neuer Trainer kommt oder nicht ist dabei vollkommen sekundär. Auch wenn ich einen klaren Cut bevorzuge. Wichtig ist, wie die Mannschaft in der nächsten Saison spielt. Wenn sie unter Hecking gut spielt und erkennbar eine Spielkultur besitzt, bin ich der erste der auf dem Zaun steht und alles abfeiert. Denn eins ist sicher, jeder der da in der Kurve steht will lieber "Auf, auf, auf in die ChampionsLeague" gröhlen als genervt einer Rudelbildung zugucken. Jeder.
So und jetzt habe ich keine Ahnung wo dieser Beitrag eigentlich hingehört