Jetzt hat sich kurvler15 so viel Mühe gemacht, da will ich dann auch nochmal ein bisschen ausgiebiger meinen Senf dazugeben:
fan123 hat etwas ganz interessantes geschrieben:
Fan123 hat geschrieben:Wenn die Entwicklung so weitergeht wie jetzt wird der Verein immer beliebiger werden und in meinen Augen den Kern der Identität verlieren.
Hier wird ja immer darauf zurückgegriffen, dass die zerstörte Choreo durch den Ordnungsdienst der (Haupt-)Grund für die Maßnahmen der Ultras sei. Der wahre Hintergrund wird m.M.n. jedoch viel eher in dem oben aufgeführten Zitat liegen. Ich erkläre auch mal warum. Borussia hat eine imposante sportliche Entwicklung hingelegt. Vom Fast-Absteiger haben wir uns zu einem (in jüngster Vergangenheit) regelmäßigen Teilnehmer des europäischen Wettbewerbs entwickelt. Wir haben Champions League gespielt. Unter anderem gegen den FC Barcelona. Mein Gott, gegen Barca! Wir haben endlich wieder geilen Fußball in Mönchengladbach sehen dürfen. Und auch wenn es mal den ein oder anderen Dämpfer gab, ist es eine wahre Erfolgsgeschichte, die unser Verein geschrieben hat. Bei alledem haben es der Vater dieses Spruchs und auch Max Eberl jede Saison auf's Neue geschafft, uns daran zu erinnern, dass wir nicht vergessen dürfen, wo wir herkommen. Sie haben immer an unsere Vergangenheit erinnert. Wer wir sind und was unsere Philosophie ist. Der ständige gedankliche Rückbezug auf unsere Basis (auch wenn der ein oder andere die O-Töne vom Max mittlerweile nicht mehr hören kann) und die Devise, keine verrückten Dinge zu machen, sind höchstwahrscheinlich die Hauptgründe, die uns vor dem zügigen Abstieg und einer Geschichte wie der von Hannover, Werder und Stuttgart bewahrt haben.
Die Denkweise, die uns im sportlichen Bereich so unfassbar stark gemacht hat, geht uns in der restlichen Auslegung des Verein in meinen Augen tendenziell leider langsam verloren. Sei es nun die ständige Betonung, "familienfreundlichster Club Deutschlands" zu sein, oder die grenzenlose Ausschlachtung dieses "A German Team"-Hypes: Borussia rührt die Werbetrommel. Man möchte neue Besucher anlocken, mehr Sympathisanten und Fans im In- und Ausland, Kunden gewinnen, höhere Mitgliederzahlen - um zu expandieren. Das ist (gemessen an den geltenden Strukturen im Profisport) nicht einmal verwerflich. Ein gut geführter Fußballverein muss wie ein gut geführtes Unternehmen agieren. Stillstand ist Rückschritt. Möchte man im Konzert der Großen mitspielen, ist es schlicht notwendig, die einfachen Prinzipien des Marketings anzuwenden, kontinuierlich auszubauen und zu wachsen. Man schaue sich nur mal an, wie viele "Fans" die falsche Borussia aus Dortmund mittlerweile hat. Und man kann doch sicherlich erahnen, dass dieser Umstand auch nicht ganz unerheblich für den immensen Erfolg der letzten Jahre dort ist. "Fans" ist natürlich bewusst in Anführungszeichen gesetzt. Damit sind nämlich nicht etwa Leute gemeint, die aufgrund von Arbeit, Familie oder anderen Gründen ihren Verein nicht ganz so oft sehen können wie der Hardcore-Fan. Sondern eben diejenigen, die ganz plötzlich nicht mehr Anhänger des Vereins sind, wenn's nicht mehr so gut laufen sollte.
Dass der Verein aber überhaupt die Möglichkeit hat, größeres, überregionales Interesse zu wecken, liegt ausschließlich an der positiven sportlichen Entwicklung. Man stelle sich nur mal vor, das Tor wäre im Heimspiel gegen Bochum nicht gefallen. Und wir wären abgestiegen, im schlimmsten Fall vielleicht nicht wieder aufgestiegen. Wir hätten in der Zweitklassigkeit rumgedümpelt - wären vielleicht sogar gänzlich in der Versenkung
der Unterklasse verschwunden (das soll schon dem ein oder anderen passiert sein, der niemals damit gerechnet hätte). Dann würde eben nicht der "Neu-Fan", der nach der Übernachtung im Borussia-Hotel mit der ganzen Familie das Stadion-Elebnis wie bei einem Ausflug ins Phantasialand genießt, für das täglich Brot unseres Vereins sorgen, sondern eben diejenigen Personen, die ihm immer die Treue gehalten haben. Und dazu zählen
auch die Ultras. Vielleicht noch ein ganz entscheidender Punkt: der Großteil der Anhänger wird beruhigt aufgeatmet haben, als Max Eberl kürzlich seinen Vertrag verlängert hat. Dass dieser Glücksgriff für unsere Borussia überhaupt noch Teil unseres sportlichen Teams ist, kann man guten Gewissens auch z.T. auf das Engagement der aktiven Fanszene zurückführen. Die war es nämlich, die eine groß angelegte Kampagne initiiert hat, um erfolgreich gegen das Vorhaben der Initiative Borussia vorzugehen. Sonst wären wir heute nämlich ein HSV 2.0.
Nochmal: es ist vollkommen legitim, dass Borussia sich darum bemüht, neue (zahlungskräftige) Besucher zu akquirieren. Aber wen Borussia sich damit ins Boot holt, sollte dem Verein stets bewusst sein. Es liegt mir eigentlich fern, Uli Hoeneß zu zitieren, aber der hat doch mal so schön formuliert: "denen wir das Geld aus der Tasche ziehen." Diese Klientel ist dann aber auch hörbar unzufrieden, wenn's mal nicht so läuft, wie gewünscht. Dann ist es zwar logisch, dass kleine Wutausbrüche von Verantwortlichen (z.B. Max nach dem City Spiel) und Spielern kommen, aber wirklich drüber wundern, darf sich eigentlich niemand. Das FP hat in einem Brief damals folgendes geschrieben: "Die, die gehen, sie kommen in guten Zeiten wieder, aber sie sind nicht das Fundament, auf dem der Club aufgebaut ist."
Und eben jenes Fundament leidet unter der (eigentlich) positiven Entwicklung, ihren Begleiterscheinungen und dem Verschieben von Prioritäten. Man soll weiter wachsen, darf dabei aber nicht seine Basis vergessen. Die bleibt, zumindest in meinen Augen, leider zunehmend auf der Strecke. Nehmen wir beispielsweise das Derby in Köln. Ein vollkommen übertriebener, schlecht geplanter und gefährlicher Einsatz der Polizei. Tagelang appelliert man medienwirksam an die eigenen Fans, besonnen aufzutreten. Man säge sich sonst den Ast ab, auf dem man sitzt. Kann man es dann nicht mal Vereinen wie Fortuna Düsseldorf, Union Berlin oder der HSV vor ein paar Jahren gleichtun, sich schützend vor die eigenen Fans stellen und dann auch mal einen solchen Einsatz deutlich und öffentlich kritisieren?! Weiter geht's mit der Zensur von Choreos und Spruchbändern. Wieso tritt man die Kompetenz, "die Hand darüber zu halten" nicht z.B. an die Dachorganisation und Interessenvertretung der Fans ab? Ich könnte mir vorstellen, dass das FPMG in manchen Belangen u.U. besser abschätzen kann, ob etwas stellvertretend für die Fanszene durchgeführt werden kann und ob es der Netiquette entspricht. Dadurch würde auch der eigentlich häufig gewünschte "Selbstreinigungsprozess" mit Leben gefüllt werden. Der Vorfall mit der zerstörten Choreo wurde ja als "Tropfen, der das Fass zum Überlaufen brachte" beschrieben. Eigentlich ist es bei dieser ganzen Diskussion doch sekundär, ob man nun "explizit" darauf hingewiesen hat, was wo liegt, oder das nicht getan hat. Würde man der Basis, womit überhaupt nicht lediglich die Ultras gemeint sein sollen, mehr Wertschätzung entgegenbringen, würde ich als Verein nicht nur kurz fragen, ob und wo irgendwas liegen könnte. Ich würde darüber hinaus z.B. noch viel eher fragen: "Seid ihr gut in der Zeit? Hat alles geklappt? Müsst ihr morgen nochmal ran? Können wir euch in irgendeiner Form Hilfe anbieten?"
Scheinbar ist man zu dem Schluss gekommen, dass der eigentliche Kern der Anhängerschaft in der Prioritätenliste von Borussia derzeit ein wenig auf der Strecke bleibt. Daher kam dann die Entscheidung, eine Konsequenz zu ziehen. Nimmt man die Phrase "Wir sind Borussia" wörtlich, finde ich es komisch, zu behaupten, es gehe den handelnden Personen nicht um Borussia. Zumindest wäre man dann wieder bei der fast schon philosophischen Frage, was Borussia denn nun alles ist. Es fällt mir auch schwer, das Ganze als kindische Reaktion im Sinne von beleidigter Leberwurst zu deuten. Das könnte man allenfalls, wenn alles Tuttifrutti wäre und sich die Geschichte nur auf den jüngsten Vorfall beziehen würde. Sieht man das ganze aber im Gesamtkontext, wie ich ihn jetzt mal versucht habe zu interpretieren, zeugt das doch viel mehr von fanpolitischem Engagement. Dass man den Umstand, dass sich etwas ändern soll/muss vielleicht auch anders hätte verdeutlichen können, ohne dass die Stimmung in den letzten beiden Saisonspielen leiden muss, steht nochmal auf einem anderen Blatt. Mir wäre es auch lieber gewesen, wenn die Mannschaft die volle Unterstützung gehabt hätte. Deshalb steht es auch jedem frei, das offen zu kritisieren. Aber dieses ewige Draufgehaue nervt einfach. Das führt lediglich dazu, dass man sich ewig im Kreis dreht und sich stimmungstechnisch nie etwas zum Besseren wenden wird.