Sven Vaeth hat geschrieben:
...Von den Spielertypen holen wir gefühlt nach wie vor Leute für das favrische System...
Ein sehr guter Beitrag. Mit das beste, was ich gelesen habe. Richtig analysiert.
Das Favre-System... Mit das beste, was Borussia die letzten Jahrzehnte erleben durfte. Dazu gehört allerdings Arbeit, Arbeit, Arbeit. Detailarbeit. Wiederholungen. Schulungen mit/ohne Ball. Akribisch, detailversessen, fleißig.
Favre war das. Mit einer klaren Spielidee. Die Spieler haben´s begriffen. Und sie haben gelernt, waren fleißig. Irgendwo haben sich da viele verbessert. Neustädter zum Beispiel. Ein absoluter Durchschnittsspieler. Hat´s zum Nationalspieler gebracht. Danach kam er relativ konstant auf sein eigentliches Leistungsvermögen zurück. Weil er in einem anderen System spielen mußte, in einem System, wo die Schwächen des einzelnen nicht minimiert werden durch eine mannschaftlich geschlossene Ordnung auf dem Platz. Das war eines der größten Pluspunkte im Favre-System. Die Schwächen des einzelnen durch mannschaftlich geschlossene Konzeption zu minimieren. Durch die dichten Ketten, durch das systemgerechte Verschieben wurden die Laufwege zum Ballführenden minimiert, die Spieler kamen oder mußten nicht so oft in die direkten Zweikämpfe. Die Spieleröffnung mußte schnell und direkt erfolgen - in verengten Räumen Balleroberung, schnelle Weiterleitung. Das hat was mit der Statik der einzelnen Spieler zu tun. Da geht´s um Kleinigkeiten. Kopf hoch, die Spielsituation erfassen, Balleroberung, Ballweiterleitung, Spieleröffnung mit Tempo durch die Mitte/Außen.
Das ist nicht Off-Topic hier.
Ginter ersetzte Christensen. Christensen ist ein modern denkender und spielender Verteidiger. Verteidigt nach vorne. Kommt mit wenig Fouls aus. Erfaßt Spielsituationen. Gutes Zweikampfverhalten im direkten Duell. Hohe Grundschnelligkeit, technisch gutes Rüstzeug. Der Prototyp eines modernen Verteidigers. Mit dem kannst du in der Defensive fast jedes System spielen. Schwächen im Defensivkopfball und zu wenig Mumm/Selbstvertrauen in der Spieleröffnung - da kann er noch zulegen. Ginter ist ein anderer Typ. Jemand, der das Spiel vor sich braucht. Der Schwierigkeiten hat, wenn sich die Spielsituation in den Rücken verlagert. Auch er gutes Zweikampfverhalten im direkten Duell. Spieleröffnung verbesserungswürdig. Jemand, der in einer Viererkette sicherer wirkt. Ist auch nicht so schnell im Erfassen von Situationen, braucht da manchmal gefühlt ne Ewigkeit, bis er sich löst oder den Kontakt zum Gegenspieler herstellt.
Zakaria wurde geholt, da sagte man, daß er mit seiner Körperlichkeit mehr Robustheit im Mittelfeld einbringen würde. Außerdem sei er ein "Box-to-Box-Spieler". Da wollte man einen Spieleröffner, Balleroberer und Vorbereiter in einem in das System einbauen. Dahoud ist nach wie vor herausragend in den Situationen, wo er schnell umschaltet, das Spiel beschleunigt. Das bringt Zak noch nicht - aber das geht auch im System Hecking nicht. Die flache Doppel-Sechs ohne Achter mit linearen Außen öffnet im Zentrum viel zu viele Räume - die dann unsere "Stürmer" für sich beanspruchen. Zak könnte viel mehr aus seiner Position machen. Sich lösen, Druck ausüben - abschließen. Macht er manchmal, dürfte er noch viel öfter machen. Da die Mannschaft insgesamt aber während er ganzen Saison schon Schwierigkeiten in der Rückwärtsbewegung hat, bleibt er oft zurückgezogen und hält die Position. Gut macht er das, besser als Dahoud. Aber in der Spieleröffnung, im Beschleunigen, im Kontern - da kann er den Typen Dahoud, den Spielertypen meine ich jetzt, nicht ersetzen. Nicht im System Hecking.
Hecking hat kein System. Da ist keine Balance auf dem Platz, keine Ordnung. Wenig Tempo. Die Viererkette verteidigt relativ hoch, das Mittelfeld attackiert knapp hinter der Mittellinie. Ein Verschieben sehe ich kaum. Ballverluste führen oft zu Überzahlsituationen für den Gegner. Oft reichen schon nach vorne geknüppelte weite Bälle des Gegners, damit wir in die Eins-gegen-Eins-Duelle müssen in der gefährlichen Zone. Oft haben wir Gegentore kassiert, wenn vorne oder im Mittelfeld einer einen Ball verloren hat. Die Mannschaft kann dies ohne Ordnung und richtige Staffelung dann nach hinten nicht verteidigen.
Wenn der Verein also versucht, Leute für das Favre-System einzukaufen dann wird das scheitern. Weil es dazu Favre braucht.
Mit Hecking werden wir weiter Rumpelfußball spielen, ausrechenbar, statisch, ohne Innovation. Da können wir kaufen, wen wir wollen.
Nur meine Meinung.